Immobilien-Paradies vor der Haustür
Brasilien-Heimkehrer und Immobilienentwickler Hans-Peter Schöll lässt mit seinen Kernbotschaften aufhorchen.
Hans Peter Schöll – Schöll Immobilien & Casa Immobilien © Viktor Fertsak
Ein Highlight, an dem er sich nicht sattsehen kann, ist die Burg Forchtenstein, wenn sie die Morgensonne ins Rampenlicht setzt. „Die wussten schon genau, wohin sie sie ausrichten“, sagt Hans-Peter Schöll. Es ist freilich kein Zufall, dass das Fenster seines Büros im neuen Firmengebäude den Blick großzügig in Richtung Burg freigibt. Seit seiner Rückkehr aus Brasilien übernahm er sukzessive das Familienunternehmen „Schöll Bau“ und baute sich zudem als Immobilienentwickler mit Casa Immobilien ein weiteres Standbein auf.
Er will das Wohnen neu denken und zettelt gewissermaßen eine Revolution auf dem Markt an, seine Kernbotschaft: mieten statt besitzen.
Seine Visionen hat Hans-Peter Schöll nicht über Nacht ausgebrütet. Nach dem Studium an der WU arbeitete er zunächst als Projektmanager in der Baubranche in New York, später zog er mit seiner Frau Alessandra in ihre Heimat Brasilien. Sie wurden Eltern von drei Kindern; er baute unter anderem ein erfolgreiches Selfstorage-Unternehmen in der 20-Millionen-Einwohner-Metropole São Paulo auf, sie gründete einen Onlineshop für Babymode aus Europa. Gemeinsam meisterten sie harte Zeiten wie etwa die Finanzkrise in New York oder eine Flutkatastrophe in São Paulo.
Für 2020 plante das Paar den Umzug nach Österreich, den Start ins neue Leben sollte eine Weltreise mit den Kindern markieren; danach wollte Hans-Peter Schöll mit Casa Immobilien durchstarten. Doch schon die Reise musste die Familie vorzeitig abbrechen: die Corona-Pandemie brach aus. Zerknirscht zeigt er sich im Gespräch mit der Burgenländerin damals trotzdem nicht: „Ich komme aus einer Unternehmerfamilie, da musst du positiv sein und das Glas grundsätzlich halb voll sehen, sonst nimmst du nicht das Risiko und all die Arbeit auf dich.“
Unser letztes Interview war vor fast vier Jahren, was geschah seither?
Hans-Peter Schöll: Wir kamen in einer kritischen Phase in Österreich an, der Beginn war nicht leicht. Meine Eltern haben in 36 Jahren Schöll Bau mit viel Arbeit und Einsatz aufgebaut – ich bin eingestiegen und wusste zunächst gar nicht, ob ich das weiterführen können werde. Ich bin hier aufgewachsen, aber beruflich kannte ich große Märkte wie New York und São Paulo. Wie es im Burgenland läuft, musste ich erst herausfinden. Heute liebe ich es und bin meinen Eltern sehr dankbar, dass sie mir ihre erfolgreiche Firma so kompromisslos übergeben haben. Wir haben ein neues Büro gebaut, unseren Firmenauftritt – von Website bis Logo – neu gestaltet und sind gewachsen. Wir haben mehr Mitarbeiterinnen und haben uns umsatzmäßig verdoppelt.
Vor drei Jahren hielten mich die Leute für übereifrig. Die Energiekrise kam und sie rannten mir die Tür ein.
Hans-Peter Schöll
Wie ist das gelungen?
Mit zwei erfolgreichen Standbeinen: Wir haben unsere Baufirma, das Familienunternehmen, mit dem wir sehr regional tätig sind. Unsere Aufträge kommen zu 80 Prozent durch Empfehlungen von Stamm- und früheren Kundinnen, wir arbeiten vorwiegend in den Bezirken Eisenstadt, Mattersburg und Oberpullendorf – und zwar hauptsächlich mit Mitarbeiterinnen aus der Region. Als ich zurückgekommen bin, habe ich gesagt: „Papa, wir brauchen eine neue Website und Google-Reviews.“ Dann kam ich in kurzer Zeit drauf, dass meine Eltern sich hier einen Ruf aufgebaut haben, der super ist; ich brauche keine Google-Reviews, ich muss darauf achten, dass ich die Qualität halte und zuverlässig bleibe. Mit Casa Immobilien habe ich einen Traum verwirklicht: Ich mache exklusiv im Nordburgenland Immobilienentwicklung – mit einem völlig neuen Konzept. Unser Projekt mit 23 Reihenhäusern in St. Georgen ist „klimaaktiv Gold“-zertifiziert, wir sind die Ersten. Damit sind wir noch stabiler und haben unseren Umsatz gesteigert.
Wofür steht die Zertifizierung?
Ich bin im Rosaliengebirge aufgewachsen, war im Stausee schwimmen und bin mit dem Rad zum Fußball- oder Tennisplatz gefahren. In den großen Städten habe ich die Natur vermisst, als ich zurückgekommen bin, habe ich gesagt: Ich will nachhaltig bauen und ein innovatives Energiekonzept. Unsere Reihenhäuser sind nach Süden ausgerichtet, haben Gründächer und Photovoltaikanlagen – inklusive Speicher im Haus – und wir nutzen Tiefenbohrung. Die Reihenhäuser sind fast energieautark, wir haben monatlich nur etwa 35 Euro Energiekosten. Damit sind die Häuser unabhängig, auch wenn die Energiepreise drastisch erhöht werden. Außerdem ist alles fixfertig: Die Mieterinnen bezahlen 5.000 Euro Kaution und können sofort einziehen; die Küche ist sogar mit Geräten ausgestattet.
Deine Reihenhäuser sind zum Großteil zum Mieten. Wieso?
Weil Mieten heute die bessere Lösung ist. Die Menschen bleiben flexibel, das Vermögen ist nicht gebunden. Viele nehmen für den Hausbau einen Kredit auf, den sie dann 35 Jahre zurückzahlen; wenn einer den Job verliert, steht die Bank vor der Tür. Passiert mir das in Miete, kann ich in eine Wohnung ziehen, wo ich weniger zahle. Ein Eigentum haben zu wollen, ist aber in den Köpfen drinnen, oder? Ich sehe das so: Wenn 80 Prozent der Burgenländerinnen Eigentum haben wollen, sind es noch immer 20 Prozent, die gerne ein Haus mieten wollen. Das ist ein wachsender Markt. Wer kann sich heute ein 500.000-Euro-Reihenhaus leisten? Noch dazu, wenn wir von jungen Familien sprechen. Die Miete kostet hingegen 18.000 Euro im Jahr.
Viele bauen ein Haus für Familie mit Kindern. Ich bin also beispielsweise mit der Finanzierung 35 Jahre an ein Haus gebunden, obwohl sich in der Zeit mehrmals meine Nutzung ändert. Wenn ich in Miete bin, ziehe ich in ein kleineres Reihenhaus, wenn die Kinder raus sind, und in einen Bungalow, wenn ich es ebenerdig haben möchte.
Wie sieht es mit der Nachfrage aus?
In St. Georgen bin ich voll. Zuerst hielt man mich für übereifrig, dann kamen Energiekrise und hohe Kreditzinsen und die Leute rannten mir die Tür ein. Was ich auf der ganzen Welt beobachte: Die Mobilität steigt. Die Jungen wollen weniger sesshaft sein. Hinzu kommt eine Tendenz zum Simplifying. Die Leute wollen nicht mehr am Wochenende arbeiten, zum Baumarkt fahren, sondern lieber verreisen und wenn die Dachrinne kaputt ist, sind sie froh, wenn ihnen die wer repariert. Das ist ein anderer Lebensstil. Das betrifft nicht alle, aber eine steigende Anzahl von Menschen sucht Flexibilität und Komfort.
Die Reihenhäuser sind fast energieautark, wir haben monatliche Stromkosten von
Hans-Peter Schöll
35 Euro.
Wenn also etwas kaputt ist, können sich Mieter*innen zurücklehnen?
Genau. Solche Konzepte scheitern anderswo am kurzfristigen Gewinnstreben der Bauträger; viele bauen und verkaufen nach dem Motto „Hinter mir die Sintflut“. Bei mir kommt alles aus einer Hand: Entwickeln, Bauen, Vertrieb und Verwaltung. Ich denke schon bei der Errichtung an die Zweit- und Drittvermietung; wir bauen Objekte, die auch nach zehn Jahren sehr attraktiv sind. Ich kann als Bauträger meine Errichtungskosten auf viele Einheiten aufteilen, ebenso die Wartung. Für Nachhaltigkeitskonzepte muss ich mehr Geld in die Hand nehmen und natürlich geduldig sein, bis sich das rentiert
Zum Abschluss allgemein: Du bist kein Fan von Keller und Pool – wieso?
Weil das zu teuer ist. Das Burgenland bietet eine traumhafte Lebensqualität. Die Lebenserhaltungskosten sind im Vergleich zu anderen Bundesländern niedriger, wir haben viele Sonnentage, sind nahe an einer der besten Städte der Welt und an einem internationalen Flughafen. Wenn ich durch die Ortschaften fahre, sehe ich riesige Häuser – wer braucht wirklich 250 Quadratmeter Wohnfläche? Wir sollten umdenken, kleiner werden, auf Garage, Keller und Pool verzichten, so wird Bauen auch wieder leistbar.
Ich wünsche mir mehr „Back to the Roots“; wenn wir über Flächenversiegelung reden, müssen wir bei uns selber anfangen, kleiner wohnen und lieber raus- und spazierengehen. Wir haben das Paradies vor der Tür.
Kontakt
Schöll Bau
www.schoell-bau.at
Casa Immobilien
Industriegelände 8a, Forchtenstein
Tel.: 02626/65 100-26
www.casaimmobilien.at