Lisa Weidenmüller: Junge rothaarige Frau im Seitenportrait

Lisa Weidenmüller: Zwischen Sehnsucht und Schicksal

Sisi & Franz Joseph: Uraufführung mit bisher unveröffentlichtem Material bei den 51. Halbturner Schlosskonzerten. Lisa Weidenmüller verkörpert die Kaiserin – wir trafen sie zum Interview.

5 Min.

Lisa Weidenmueller © Elena Zaucke

Die Oma aus der DDR hätte sie sich gut als Schneiderin oder Friseurin vorstellen können. Schauspielerin? – „,Das werden nur Kinder von Leuten, die selbst Schauspieler sind‘, hat sie gesagt“, schmunzelt Lisa Weidenmüller, Tochter eines Lokführers und einer Bankangestellten. Da war aber diese eine besondere Museumsnacht in der siebten Klasse am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Leipzig, die einiges bewirkte. Sie spielte Königin Maria in „Maria Stuart“. „Ich war viel zu jung für so eine Rolle, aber es hat total Spaß gemacht.“ Sie wurde Teil der Schultheater AG, flitzte mit vielen Einsern durchs Abitur – und überlegte danach: Mal ein Jahr weggehen? Medizin? Schauspiel?

„Dann ist es zuerst Politikwissenschaften geworden“, verrät sie. Parallel schlüpft sie in kleine Rollen am Schauspiel Leipzig. Als sie aus dem dortigen Jugendclub für die Tochter-Figur von Molnárs „Liliom“ gepflückt wird, schiebt sie Omas Skepsis auf die Seite und hält es mit Mamas Ratschlag: „Wenn du Schauspielerin werden möchtest und angenommen wirst, mach das.“

… und du bist losgezogen.
Lisa Weidenmüller: Genau, auf eigene Faust! Alle sagten, man braucht eine Weile, aber es hat gleich in Frankfurt am Main an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst geklappt. Wir waren ein kleiner Jahrgang mit acht Leuten – und bekamen viele Möglichkeiten, an mehreren Theatern zu spielen.

Wie bist du nach Österreich gekommen?
Ich dachte, ich werde zunächst in Deutschland bleiben – dann habe ich beinahe zufällig St. Pölten (das Landestheater ist bekannt für herausragende Eigenproduktionen, Anm.) entdeckt. Als ich zum Vorsprechen dort war, ist mir etwas passiert: Ich irre am Bahnhofsplatz, da halten mich zwei Polizisten auf, ich wäre bei Rot über die Straße gegangen. Ich erkläre, dass es keine Absicht war, dass ich im Stress war – und werde ermahnt, das ja nicht wieder zu tun. Ich dachte: Ich weiß nicht, ob ich je wieder nach St. Pölten komme (lacht).

Wenig später rief mich die künstlerische Leiterin Bettina Hering an – und ich habe dort vier Spielzeiten mit vielen tollen Produktionen, Regisseur:innen und Kolleg:innen erlebt. Es gab viele coole Rollen für Frauen!

Lisa Weidenmueller: Portrait einer hübschen jungen Dame mit roten Haaren
Lisa Weidenmueller © E ena Zaucke

Frauen tragen kein Korsett mehr, aber sie nehmen teilweise risikoreiche Behandlungen auf sich, um angebliche Ideale zu erfüllen.

Lisa Weidenmüller, Schauspielerin


Du hast seither unter anderem an der Josefstadt und im Volkstheater gespielt, stehst immer wieder vor der Kamera. Apropos coole Frauenrolle: Im September gastierst du bei den Halbturner Schlosskonzerten – worum geht’s?

Ich spiele mit Markus Freistätter „Sisi & Franz Joseph – Zwischen Sehnsucht und Schicksal“ – eine musikalische Uraufführung mit teilweise bisher unveröffentlichtem Material. Ich bin schon neugierig und aufgeregt! Die Eigenproduktion beinhaltet Briefe und Tagebucheinträge und will einen möglichst unverfälschten Blick auf das Kaiserpaar werfen.

Der Bogen wird von der Verliebtheit bis zum tragischen Ende von Sisi gespannt. Was berührt dich an ihrem Leben?
Sie hatte zwei Kinder verloren, das wusste ich gar nicht. Und wenn man sich mit ihrem Leben beschäftigt, kriegt man auch mit, welchen Druck sie am Hof hatte, und ihr Bedürfnis nach Autonomie, während sie wortwörtlich in einem Korsett eingeschnürt war. Bis heute hat sich viel verändert – aber so richtig? Es ist manchmal wie Greenwashing: „Auf dem Papier“ sieht es besser aus. Frauen sind auch heute benachteiligt. Sie tragen kein Korsett, aber nehmen teilweise risikoreiche Behandlungen auf sich, um angebliche Ideale zu erfüllen. Und warum müssen sich Frauen rechtfertigen, warum sie Kinder haben oder nicht?

Ist es okay für dich, wenn ich dich auf den unüberseh­baren Babybauch anspreche?
Klar, ist eh schon das dritte. Ich hab’ auch schon für bestimmte Fragen vorgebaut: Nein, es war kein Unfall, und ja, es ist der gleiche Vater (lacht).

Wow, wirst du das echt gefragt?
Ja, immer wieder.

Ihr lebt in Wien, dein Partner Tobias Vogt ist ebenfalls Schauspieler. Wie managt ihr Familie und Job?
Ich halte nichts davon, aus Prinzip 50/50 zu machen; wir teilen auf, so gut es geht. Ich hab’ viel Mental Load, aber ich kann ja an bestimmte Dinge denken und sie trotzdem weitergeben. Alle haben viel zu tun, ich kenne niemanden, dem es langweilig ist. Wer keine Kinder hat, hat vielleicht eine Mama, die Hilfe braucht. Unser Beruf ist gar nicht so inkompatibel mit dem Elternsein.

Wir haben intensive Probenzeiten, aber dann wieder oft ein Nachmittagsloch, das praktisch ist, um Kinder abzuholen oder gemeinsame Sachen zu machen. Wir arbeiten oft am Abend, aber sie sind das von Baby auf gewohnt – und freuen sich schon auf die Babysitterin. Natürlich können die meisten von uns nicht irgendwo eine halbe Stunde später kommen, weil das Kind gerade irgendetwas nicht wollte. Der Trick ist: zwei Stunden früher anfangen. Manchmal brauchen ein Shirt und Socken eine Stunde. Das meiste ist Organisation.

Das klingt nach Stoff für Elternworkshops.
Ich sammle eher für Stand-up-Comedy, das Elternsein ist ein weites Feld. Da gibt’s Whatsapp-Gruppen mit Infos wie „Petra bleibt heute nicht, sie geht mit ihrer Oma in die Volksoper“. – Ah okay (lacht). „Interessant“ ist auch das sechste Trinkflaschengespräch. Kritisch betrachtet:

Man hat für den Profit besonders Mütter als Zielgruppe entdeckt, die dann ewig Bettchen und alles Mögliche recherchieren. Das stiehlt den Frauen die Zeit, macht sie damit unpolitisch – und das steht in keinem Verhältnis dazu, ob die Flasche aus Edelstahl ist oder nicht. Übrigens auch ein spannender Aspekt der Lesung in Halbturn: Sisi wollte viel mehr über ihre Kinder und ihre Tagesabläufe bestimmen, man ließ sie nicht.

„Sisi & Franz Joseph“: 11. September, 19.30 Uhr

Info & Tickets: www.halbturner-schlosskonzerte.at

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