
Weinkönigin Hannah Wetschka
Zwei Frauen, ein Ziel: die Zukunft des Weins gestalten. Wir sprachen mit Weinbauberaterin Verena Klöckl und Weinkönigin Hannah Wetschka.
Weinbauberaterin Verena Klöckl mit Weinkönigin Hannah Wetschka © beigestellt
Wenn im Burgenland über Wein gesprochen wird, ist die Leidenschaft spürbar. Doch hinter den Reben stehen Menschen mit Visionen, mit Know-how – und mit einer Portion Mut, eigene Wege zu gehen. Zwei, die das besonders eindrucksvoll verkörpern, sind Hannah Wetschka, aktuelle Weinkönigin, und Verena Klöckl, Weinbauberaterin und Geschäftsführerin des Bgld. Weinbauverbands (als österreichweit einzige Frau in dieser Position). Wir haben mit ihnen über Rollenbilder, Vorurteile und den Reiz der Branche gesprochen.
Hannah, was hat dich dazu bewegt, Weinkönigin zu werden, und wie lässt sich das Amt mit deinem Beruf als Jungwinzerin vereinbaren?
Hannah Wetschka: Jungwinzerin im eigenen Betrieb und Weinkönigin zu sein, lässt sich definitiv vereinbaren. Ich habe die Leidenschaft von meinem Papa übernommen und wir sind sehr stolz auf unseren Fokus: die Produktion unterschiedlichster Roséweine. Trotz dieser beruflichen Erfüllung hat mich die Neugierde gepackt, noch etwas anderes zu erleben, daher die Bewerbung zur Weinkönigin.
Raus aus der Komfortzone, rein ins öffentliche Leben – das war nur mit der Unterstützung meiner Familie, Freundinnen und der Gemeinde möglich. Die Aufgaben sind vielfältig: Veranstaltungen eröffnen, Interviews geben, über Weinbaupolitik sprechen, das Weinjahr präsentieren und dabei fachlich wie kommunikativ souverän sein. Die Präsenz ist groß und ich bin viel unterwegs, auch im Ausland. Das verändert natürlich den Alltag. Verena, wie kamst du zur Weinbauberatung – und was fasziniert dich heute noch daran?
Verena Klöckl: Der Weg in die Beratung war eine Mischung aus Zufall und Leidenschaft. Nach der Matura in Klosterneuburg war ich steirische Weinhoheit. Die dabei geknüpften Kontakte haben mir den Einstieg in die Bezirkskammer Südoststeiermark ermöglicht. Daraus wurden mittlerweile 13 Jahre im Burgenland. Fasziniert bin ich davon, dass kein Tag ist wie der andere. Ich liebe die Vielfalt, die Gespräche, die Herausforderungen, gestalte meinen Tag selbst, treffe Winzerinnen, begleite Betriebe, arbeite an Strategien – vom Schreibtisch bis in den Weingarten. Ein 08/15-Bürojob wäre nichts für mich. Ich brauche diesen Mix aus Fachlichem und Menschlichem.

Ich habe aus meiner Amtszeit viel mitgenommen: fachlich und persönlich.
Weinkönigin Hannah Wetschka
In einer traditionell männlich geprägten Branche: Wie erlebt ihr euren Alltag als Frauen im Weinbau?
Verena: Ich habe schon in der Schule gelernt, mich in einem männerdominierten Umfeld souverän und konstruktiv einzubringen. Entscheidend ist, ernst genommen zu werden – das erreicht man mit Kompetenz, Klarheit und Respekt. Ich habe selten negative Erfahrungen gemacht. Wichtig ist, nicht zu kompliziert zu sein und klare Kommunikation zu leben. Dann funktioniert Zusammenarbeit auf Augenhöhe – auch mit gestandenen Winzern und Funktionären.
Hannah: Frauen holen stark auf, aber klar – viele Gremien sind noch männerdominiert. In Jois bin ich die einzige Frau im Vorstand des Weinbauvereins – und werde voll akzeptiert. Mein Zugang bringt oft neue Perspektiven, gerade bei Veranstaltungen oder in der Organisation. Auch unterwegs mit bekannten Funktionären habe ich mich nie nur „danebengestellt“ gefühlt – sondern als gleichwertige Stimme.
Gibt es Vorurteile oder Klischees, mit denen ihr euch herumschlagen müsst?
Verena: Manchmal kommt ein Spruch wie: „Sie sind ja nicht nur hübsch, sondern haben auch Ahnung.“ Das ist nicht böse gemeint – aber trotzdem deplatziert. Ich reagiere zwar freundlich, mache aber klar, dass Kompetenz nichts mit dem Äußeren zu tun hat.
Hannah: Bei uns daheim bin ich überall dabei: Keller, Weingarten, Traktor. Einige nehmen an, dass eine Frau im Betrieb für Marketing und Büroarbeit zuständig ist. Wir Jungwinzerinnen müssen aufklären und deutlicher kommunizieren, dass wir in alle Arbeiten vollständig eingebunden sind.
Welche Rolle spielen weibliche Netzwerke in der Branche?
Verena: Ein riesiges Thema. Männer sind uns da oft noch einen Schritt voraus – über Seilschaften geht vieles leichter. Ich versuche bewusst, mich mit Frauen zu vernetzen, die professionell auftreten, die inspirieren. Gerade bei den Weinhoheiten bin ich gern Ansprechpartnerin – als Mentorin, wenn man so will. Frauen lernen viel voneinander, wenn sie sich offen austauschen.
Hannah: In meiner Amtszeit habe ich viele tolle Frauen kennengelernt – dieser Austausch war Gold wert. Und Verena war für uns eine echte Stütze. Frauen sprechen anders, offener – und es tut gut, sich verstanden zu fühlen. Ich habe viel mitgenommen, fachlich und persönlich.

Ich habe schon früh gelernt, im männerdominierten Umfeld selbstsicher aufzutreten.
Weinbauberaterin Verena Klöckl
Hannah, was war deine größte Herausforderung – und was dein schönster Moment als Weinkönigin?
Hannah: Die Bewerbung war der erste große Schritt. Danach: das Sprechen vor großem Publikum. Ich kannte es, mit Urlaubsgästen zu plaudern – aber vor hunderten Menschen zu sprechen, war eine neue Dimension. Schöne Momente gab es viele! Besonders emotional war das 500-Jahr-Fest in Jois – daheim zu spüren, wie stolz die Menschen sind. Auch die Moderation beim ÖWM-Marketingtag war ein Highlight. Als erste Weinkönigin auf dieser Bühne zu stehen, das war eine riesige Anerkennung.
Wie zeitgemäß ist das Rollenbild der Weinkönigin?
Hannah: Es wandelt sich. Früher war die Weinkönigin oft „Deko“ im Dirndl. Heute sind wir Fachfrauen mit Profil. Auch die Outfits haben sich verändert, auf einer Weinmesse in Paris brauchen wir kein Dirndl, da zählt unser Fachwissen. Aber wir wollen die Traditionen natürlich auch weiterführen und tragen das Dirndl bei passenden Veranstaltungen.
Die Krone? Anfangs ungewohnt – heute trage ich sie mit Stolz. Sie signalisiert: Ich vertrete unsere Weinkultur. Ob es auch Weinkönige geben sollte? In Deutschland gibt es das zwar schon teilweise, aber ich finde, wir Frauen dürfen uns diese Bühne ruhig behalten – gerade weil sie heute mehr ist als Show. Sie ist Ausdruck fachlicher Kompetenz.
Verena: Früher waren Weinhoheiten vor allem Repräsentantinnen – heute sind sie Sprachrohre der Branche. Dieser Imagewandel ist den Hoheiten selbst zu verdanken, aber auch mutigen Entscheidungsträger*innen, die ihnen Raum geben, sich zu entfalten.
Hannah, welche Herausforderungen beschäftigen junge Frauen im Weinbau besonders?
Hannah: Die körperliche Arbeit ist manchmal ein Thema – schwere Geräte am Traktor zu montieren, ist fordernd. Aber man wächst rein. Hilfe annehmen gehört dazu. Technik, Schläuche, Maschinen – das ist nicht nur „Männersache“. Wir Jungwinzerinnen packen mit an – immer.
Verena, was wünschst du dir in Zukunft für die Weinbranche?
Verena: Ich wünsche mir mehr Frauen in Funktionärsgremien und eine entsprechende Diskussionskultur. Dazu müssen alte Rollenbilder aufgebrochen und die Aufgaben innerhalb der Familie gerecht verteilt werden. Ich würde mich freuen, wenn es noch umfangreichere Netzwerke mit Frauen aus der Weinwirtschaft gäbe.
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