Frau in hellbrauner Lederjacke auf rosa Hintergrund

Wieder eine Weihnachtsgeschichte

Das Editorial unserer Chefredakteurin Nicole Schlaffer

2 Min.

© Vanessa Hartmann

Es beginnt wie immer mit den besten Vorsätzen. Alle schwören hoch und heilig, es heuer ruhiger anzugehen, weniger Stress, weniger Drama, mehr Besinnlichkeit. Und dann – zack – erwischt uns die Realität wie ein Schritt auf dünnes Eis. Die letzten Einkaufstage gleichen einer Mischung aus Ninja-Parcours und Schnäppchen-Schlacht, das Geschenkpapier reißt am falschen Ende, und irgendwo zwischen Punschstand Nummer fünf und verbranntem Keksteig kommt die Frage auf: Warum tue ich mir das jedes Jahr erneut an?

Und dann steht er vor der Tür: der Heilige Abend. Und mit ihm das unvermeidbare Familien-­Bühnenstück der Mustermanns.

Opa Manfred, leidenschaftlicher Bastler und inzwischen stolzer Besitzer einer Drohnenflotte, demonstriert sein neuestes Fluggerät, das angeblich „absolut leise“ sein soll – nur um beim Start das Christkindl aus dem Konzept und die Katze in den Wahnsinn zu treiben. Onkel Michael hat vor Kurzem eine leichte Verschwörungsneigung entwickelt und referiert beim Vorspeisenteller über „geheime Weihnachtsbeleuchtungsabkommen“, während sein Bruder Markus die Stirn so dramatisch verzieht, dass man glaubt, er würde gleich die Vereinten Nationen kontaktieren.

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© Shutterstock

Tante Manuela wiederum hat heuer „das Basenfasten für sich entdeckt“ und hält mit verzwicktem Gesichtsausdruck eine flammende Festrede über ihre moralische Überlegenheit, während ihre Schwägerin Michelle mit einem Augenbrauenheben, das man rahmen könnte, ein trockenes „Na sicher …“ seufzt. Die Stimmung kippt endgültig, als ein zu enthusiastischer Armbewegungs-Dialog zwischen Markus und Michael dazu führt, dass die Schüssel Rotkraut in einem satten Bogen durch das Esszimmer segelt und sich ausgerechnet im Christbaum verewigt. Dieser trägt nun lila Lametta und einen zarten violetten Schleier.

Die Kinder – Mia, Max und Magnus, inzwischen professionelle Content-Creators – kreischen vor Vergnügen, filmen und posten gleichzeitig. Minuten später geht #PurpleChristmas viral. Oma Maria, unerschütterlich wie immer, verschwindet wortlos in der Speis und kehrt mit Eierlikör, Wein und einer durchsichtigen Flasche „für ganz harte Fälle“ zurück. Niemand weiß, was drin ist, aber jeder greift zum Stamperl.

Und während sich alle langsam wieder einpendeln, die Drohne endlich landet, die Schüssel-Scherben eingesammelt sind und Tante Manuela zumindest kurz lächelt, nachdem sie ihren Fasten-Blähungen nachgegeben hat, fühlt man ihn plötzlich wieder – diesen kleinen, warmen Weihnachtsfrieden, der sich leise zwischen all das Chaos schiebt.

Ich wünsche Ihnen heuer ein Fest, das genau so sein darf, wie Sie es brauchen: ein bisschen laut, ein bisschen schräg, ein bisschen unglaublich – und hoffentlich richtig, richtig schön. Lassen Sie die Welt draußen kurz ruhen, genießen Sie die Menschen, die Sie lieben, und rutschen Sie weich und fröhlich ins neue Jahr.

Wir sehen uns in der Februar-Ausgabe 2026 wieder.

Nicole Schlaffer, Chefredakteurin BURGENLÄNDERIN

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