Extremst aufregend
Schirm, Charme und „Neue Geschichten vom Franz“: Zum Kinostart besuchten wir Hauptdarstellerin Nora Reidinger und ihre Familie in Sigleß.
Nora Reidinger © Victoria Herbig
Spätestens seit dem Sezierkurs in der Bio-Doppelstunde im Gymnasium war es für sie sonnenklar: Sie will Medizin studieren. Schauspielerin wollte Nora Reidinger eigentlich nicht werden. Dann wurde sie es doch, und zwar bereits mit zehn. „Geschichten vom Franz“ war einer der besucherstärksten österreichischen Kinofilme 2022; Nora spielt darin eine der Hauptrollen: Gabi, die beste Freundin von Franz.
Am 7. September startet die Fortsetzung in den deutschen und österreichischen Kinos – und das Energiebündel, dessen Eltern schon genau wussten, warum es im Wohnzimmer eine Reckstange braucht, ist wieder dabei. Dort, wo die heute Zwölfjährige täglich x‑fach schwingt und schaukelt, nämlich in Sigleß, durften wir die Familie besuchen und uns schildern lassen, wie das Abenteuer, das vor gut drei Jahren seinen Anfang nahm, ihr Leben veränderte.
Es begann mit einem Telefonat
Papa Niki Reidinger weiß noch genau, dass er nach einem Familientrip gerade das Auto ausräumte, als die Filmproduktionsfirma anrief: Nora bekam die Gabi-Rolle.
Die Wochen davor, in denen fünf oder vielleicht sogar sechs Castingrunden stattfanden, boten viel Nervenkitzel. Den Franz-Geschichten-Flyer hatte Linda mitgebracht; Noras jüngere Schwester liebäugelte schon im Volksschulalter mit dem Schauspielen. Aus Spaß bewarben sich beide – und kamen gemeinsam bis zur vorletzten Runde. Die Texte zu lernen war eine willkommene Abwechslung in der tristen Coronazeit, „eine gute Beschäftigung während der Lockdowns“, sagt ihre Mama Christa Reidinger, Yogalehrerin und Physiotherapeutin. „Ich bin seit meinem 18. Lebensjahr Fluglotse. Das ist ein technischer Beruf – mit künstlerischen Tätigkeiten hatte ich davor nix zu tun“, schmunzelt Niki Reidinger. Er rechnete nicht einmal damit, dass Nora eine Gage bekommt. Doch spätestens nach dem besagten Telefonat wurde klar: Dieses Filmprojekt ist groß. Größer, als die Familie zuvor dachte, wenn da Stars wie Ursula Strauss und Simon Schwarz mitspielten.
Linda, ist das noch ein wunder Punkt oder darf ich dich fragen: Wie geht es dir heute damit, dass Nora die Gabi wurde?
Linda: Jetzt ist es mir schon ziemlich egal, am Anfang war ich enttäuscht und wütend. Aber ich versuche es weiter.
Niki: Das gesamte Team hat auch Linda ins Herz geschlossen, sie war dann auch Komparsin beim Dreh.
Christa: … und wurde seither mehrmals zu Castings eingeladen. Der Regisseur Johannes Schmid hat immer wieder dazugesagt, wie knapp es zwischen den beiden war – sogar auf der Bühne beim Filmfestival „Goldener Spatz“ in Erfurt. Wo es nur ging, war sie dabei.
Nora: Linda gehört zur Crew!
(K)EIN ZUFALL. Nora Reidinger und ihre Familie fotografierte in Sigleß für uns Victoria Herbig. Die Wiedersehensfreude war groß, sie war nämlich auch für die Setbilder beim Dreh verantwortlich.
Wie habt ihr den ersten Teil im Kino erlebt?
Nora: Extremst (offenbar aktuell Noras Lieblingswort, darum lassen wir das so stehen, Anm.) komisch, so riesig auf der Leinwand, aber extremst cool!
Christa: Ich hab’ viel geweint. Vor Rührung, aber auch, weil die Kinder im Film so gemein zur Nora, also zur Gabi sind.
Niki: Das war schon sehr emotional.
Christa: Du hast auch geweint! (lacht)
Nora: Papa, du auch? Das ist extremst peinlich.
Linda: Ich war stolz auf Nora – und ich hab’ den Film echt cool gefunden. Da war ich noch ein bisschen traurig wegen der Rolle, aber geweint hab’ ich nicht.
Nora: Danke, da warst du offenbar das einzige Familienmitglied. (alle lachen)
Christa: Wir haben auch schon den zweiten Teil gesehen; die Weltpremiere war in München. Der neue Film ist vor allem spannend und lustig!
ZWEI CHARAKTERE, ÄHNLICHE VISIONEN. Linda und Nora Reidinger stehen gerne im Rampenlicht und wollen Ärztinnen werden. Im Bild: mit ihren Eltern Christa und Niki.
Ich spule noch einmal zurück: Wie war es für euch, als die Dreharbeiten losgingen?
Nora: Extremst aufregend, alles war neu.
Niki: Der erste Drehtag war damals in der Rochusgasse in Wien. Wir haben uns gedacht: Das Kind ist zehn, ich muss es hinbringen und wieder abholen. Kaum waren wir dort, ist Nora in der Maske verschwunden und ich habe eine Stunde lang beim Kamera-Aufbauen zugeschaut. Irgendwann tauchte sie wieder auf, mit Spielsachen, fünf Leute um sie herum. Es war heiß, eine Person hielt ihr einen Sonnenschirm über den Kopf …
Nora: Das war ein Regenschirm!
Niki: Dann hieß es: „Kamera läuft“ – die Person tritt auf die Seite, es wird kurz gedreht und danach hält sie wieder den Sonnenschirm über sie.
Nora: Regenschirm!
Niki: Es war faszinierend für mich, eine neue Welt. Da wusste ich noch nicht, wer wofür zuständig war, aber mir wurde klar: Das Kind braucht mich dort nicht (lacht). Nora wurde später oft von zu Hause abgeholt und wieder heimgebracht.
Christa: Das war gerade beim zweiten Dreh so wichtig, weil der noch dazu während der Schulzeit war: Niki hat Schichtbetrieb, Linda singt, spielt Gitarre und Schlagzeug – und ich habe meine Yogakurse bzw. Physiotherapie-Einheiten. Nur so konnte das alles klappen.
Konntet ihr dem Filmteam offenbar gut vertrauen?
Christa: Das Vertrauen hat sich gut entwickelt, weil alles gut funktioniert hat. Und das Wichtigste war: Nora ist immer glücklich zurückgekommen. Als mir Niki die Schirm-Sache erzählt hat, haben wir immer wieder mit ihr darüber gesprochen, dass sie nicht vergessen soll, dass das nicht das „normale“ Leben ist, dass sie immer höflich bleiben und nicht irgendwie abheben soll.
BESTE FREUND*INNEN. Leo Wacha, Nora Reidinger und Jossi Jantschitsch sind Eberhard, Gabi und Franz.
Was hat dich am Set glücklich gemacht?
Nora: Das Drehen! Wenn wir nicht gedreht haben, haben wir gespielt, geblödelt, getratscht und Süßigkeiten gegessen (lacht). Es war so lustig. Natürlich war es manchmal zach, wenn wir eine Szene fünf oder sieben Mal wiederholen mussten. Ziemlich anstrengend war eine Szene im Theater für den neuen Film: Da waren so viele Leute drinnen und ich musste eine richtig dicke Jacke mit Rüschen anhaben und eine Perücke – da war es extremst heiß und trotzdem ist es eine meiner Lieblingsszenen.
Den zweiten Franz habt ihr im Herbst gedreht. Wie klappte das mit der Schule?
Nora: Da war ich nicht viel in der Schule, aber ich konnte alles gut nachholen.
Christa: Sie musste natürlich Schularbeiten nachmachen, aber die Schule (Gymnasium Katzelsdorf, Anm.) war sehr entgegenkommend.
Niki: Der Klassenvorstand hat mit ihrer Klasse sogar eine Exkursion zum Set gemacht; wir haben den Kindern viel gezeigt, wie es hinter der Kamera abläuft, da sieht man schon einiges.
Was passiert mit deiner Filmgage?
Nora: Wir machen uns aus, wie viel ich ausgeben darf, davon kaufe ich mir hauptsächlich Leinwände und Acrylfarben (ihre Mama zeigt uns ein bemerkenswertes Löwenbild, Anm.). Das meiste spare ich für später.
Wie soll es weitergehen?
Nora: Ein Teil drei wäre extremst cool!
Christa: Das wünsche ich ihr auch, aber nicht unvoreingenommen, weil ich auch erlebt habe, wie groß der Kummer ist, wenn der Dreh vorbei ist.
Niki: Je älter sie ist, desto besser wird sie damit umgehen können.
Christa: Für ein Filmprojekt arbeitet man eine Zeit lang sehr eng zusammen, dann ist es vorbei und jeder geht seiner Wege. Ein Kind ist dem schutzloser ausgeliefert. Aber natürlich wünsche ich ihr noch so ein Projekt – genauso wie Linda.
Niki: Ich auch, aber ich sehe sie nicht in Hollywood (lacht).
Nora: Ich sehe mich Medizin studierend auf der Universität.
Christa: Nora hat früher ein Instrument gespielt und getanzt, auf die Frage, was sie jetzt interessieren würde, sagte sie: ein Sezierkurs. Ich hab’ noch nichts für Kinder gefunden, ich suche noch …
Niki: Vielleicht sollten wir bei einem Fleischhauer anrufen. (alle lachen)
Neue Geschichten vom Franz
Johannes Schmids „Neue Geschichten vom Franz“, nach den Büchern von Christine Nöstlinger, startet am 7. September im Kino. In den Hauptrollen spielen die Kids Jossi Jantschitsch, Nora Reidinger und Leo Wacha gemeinsam mit Größen wie Ursula Strauss, Maria Bill und Simon Schwarz. Die Weltpremiere fand beim Kinderfilmfest in München statt. Den ersten, mehrfach preisgekrönten Teil „Geschichten vom Franz“ kann man via DVD sehen oder streamen; beide Filme zeigen jeweils abgeschlossene Handlungen.