bunte facetapes auf dem Gesicht einer brünetten jungen Frau

Warum Schönheitsmedizinerinnen nicht von Facetapes überzeugt sind

Schön geklebt?

5 Min.

© Shutterstock

Facetapes sollen Falten reduzieren, das Gesicht straffen und sogar gegen Schnarchen helfen. Wir gehen dem Trend auf den Grund.

Ein straffes, strahlendes Gesicht mit bunten Klebebändern strahlt am Handybildschirm entgegen, dazu steht geschrieben: „POV: Facetaping hält dich jung“. Auf TikTok gehen derartige Videos ständig viral: Frauen bekleben sich ihr Gesicht um Faltenbildung zu verhindern und mit vermeintlich wenig Aufwand auf Botox und Co gegen Falten verzichten zu können. Über den Mund geklebt soll man sogar nachts nicht mehr Schnarchen und energiegeladener sein – glaubt man zumindest Stars wie Gwyneth Paltrow.

Wie wir jedoch wissen, darf man nicht immer alles glauben, was man in den sozialen Medien so sieht. Vor allem die guten TikTok-Filter können täuschend echt aussehen. „Social-Media-Trends suggerieren oft schnelle, einfache Lösungen für komplexe ästhetische Probleme. Das birgt Risiken, da viele Methoden nicht wissenschaftlich geprüft sind oder sogar der Haut schaden können. Wir raten dazu, sich von Fachärzt:innen beraten zu lassen, anstatt jedem Trend unkritisch zu folgen“, merken auch die ästhetischen Medizinerinnen Dr. Daniela Rieger und Dr. Jennifer Kager an. Wir haben bei den Expertinnen nachgefragt, was diese Klebebänder nun wirklich können und wo ihre Grenzen liegen.

Kleben für die Schönheit

Beginnen wir am Anfang: Beim Taping werden elastische Kinesiologie-Tapes oder auch speziell fürs Gesicht auf den Marktgebrachte Klebebänder auf bestimmte Zonen im Gesicht so platziert, dass sie die Haut straffen, Falten verhindern oder die Durchblutung beziehungsweise den Lymphfluss fördern. „Die Methode stammt ursprünglich aus dem Sportbereich.

Im Gesicht soll das Tape mehrere Effekte haben: Zum einen wird angenommen, dass es die Haut sanft anhebt und so den Druck auf darunterliegende Strukturen mindert, wodurch Mimikfalten geglättet werden sollen. Zum anderen kann es helfen, die Gesichtsmuskulatur zu entspannen, insbesondere bei Menschen, die durch häufige Mimikbewegungen zu Verspannungen neigen. Ein weiterer potenzieller Vorteil ist eine verbesserte Lymphdrainage, die Schwellungen, zum Beispiel im Bereich der Augen, reduzieren könnte“, so die Medizinerinnen. Beim Mouthtaping werden die Lippen überhaupt so zugeklebt, dass man sie nicht mehr leicht öffnen kann. So soll sichergestellt werden, dass man beim Schlaf nur durch die Nase atmet.

Was steckt hinter Facetapes und Co?

Face- sowie Mouthtaping wird gerne als simple, nicht-invasive Anti-Falten-Behandlung gesehen, wissenschaftlich fundierte Beweise für lang anhaltende sowie nachhaltige Ergebnisse gibt es aber bisher nicht. „Die Ergebnisse sind meist nur vorübergehend und hängen stark von der individuellen Hautstruktur, der Anlagetechnik und der Regelmäßigkeit der Anwendung ab“, stellen die Ärztinnen klar.

Allerdings: Als ergänzende Maßnahme könnten die Tapes bei regelmäßiger Anwendung durchaus hilfreich sein,
wie die Expertinnen festhalten. Wie Dr. Rieder und Dr. Kager betonen, gilt die unterstützende Maßnahme besonders bei junger, noch straffer Haut, die eine hohe Spannkraft aufweist. Man weiß bereits, dass es einfacher ist, Falten zu verhindern, wenn sie noch gar nicht erst entstanden sind. Das ist auch bei Facetapes der Fall. Für
ältere Haut oder Haut mit bereits tiefen Falten sind die Tapes nicht zu empfehlen.

Risiken für Beautytape

„Mit zunehmendem Alter verliert die Haut an Elastizität, da die Kollagen- und Elastinproduktion abnimmt. Facetaping kann diesen natürlichen Prozess nicht aufhalten, da es weder die Hautstruktur langfristig verändert noch die Kollagenproduktion signifikant stimuliert“, so die Ärztinnen. Zudem sollte man die Risiken nicht ignorieren: Bei empfindlicher sowie zu Akne oder Rosacea neigender Haut sollte man lieber keine Tapes kleben, da sie die Hautbarriere stören und reizen sowie Entzündungen begünstigen können.

Wie Dr. Emi Arpa auf Instagram anmerkt, muss man sich auch dessen bewusst sein, dass zwar durch das Kleben die Hautmuskeln kurzzeitig weniger aktiv sind und daher weniger Falten entstehen können, man beim Abziehen die Haut aber stets belastet und ausleiert. Sie rät zudem zur Vorsicht bei heißen Temperaturen, da unter den Tapes Hitzestau und Ausschlag entstehen können.

Insbesondere Mouthtaping sollte man zuerst mit Fachärzt:innen abklären: Hier muss das Tape generell so geklebt werden, dass die Lippen locker verschlossen sind. Dadurch soll eine Atmung durch die Nase gefördert werden, was im Allgemeinen als gesündere Atmung gilt „Während einige Menschen eine verbesserte Schlafqualität berichten, kann es auch Risiken bergen – insbesondere für Menschen mit Atemwegsproblemen oder Schlafapnoe“, warnen die Medizinerinnen Dr. Rieder und Dr. Kager im Gespräch. Man sollte daher besser nicht auf eigene Faust handeln.

Wer richtig klebt, kann Ergebnisse erzielen. Klebt man aber falsch, kann auch das Gegenteil der Fall sein. „Die Technik ist entscheidend, da falsch platziertes Tape keine Wirkung hat oder sogar die Gesichtsmuskulatur ungünstig beeinflussen kann“, so Dr. Rieder und Dr. Kager.

Vor einer Anwendung sollte man zudem die Haut gründlich reinigen und die hautfreundlichen Tapes nur einmal verwenden – umweltschonend sieht anders aus. „Für nachhaltige Ergebnisse ist dennoch eine Kombination aus medizinisch bewährten Anti-Aging-Methoden wie Bio-Stimulatoren, Radiofrequenz oder beispielsweise Microneedling sicherlich effektiver“, ergänzen die beiden Medizinerinnen. Ein gesunder Lebensstil, nicht rauchen, viel Wasser trinken sowie eine gute Hautpflege mit Inhaltsstoffen wie Retinol und täglicher Sonnenschutz begünstigen weniger Falten ebenso.

Eine Alternative zum Mouthtaping soll laut Expert:innen zudem eine bewusste Nasenatmung sein sowie ein längeres Ausatmen als Einatmen. Bewusste Atemtechniken im Alltag sollen demnach mindestens genauso effizient für guten Schlaf und mehr Energie sein wie das Zukleben der Lippen – allerdings komplett risikofrei.

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