Eine Frau lehtn auf ihren Armen und blickt nachdenklich in die Ecke

Was ist der Unterschied zwischen Endometriose und Adenomyose?

"Ich habe Angst vor meiner Periode"

5 Min.

© Alina Matveycheva

Endometriose ist vielen ein Begriff. Adenomyose kennen nur die wenigsten – eine Erkrankung, über die kaum jemand spricht. Gynäkologe Dr. Alexander Krell ist Spezialist auf diesem Gebiet. Der Mediziner klärt im Interview auf.

Unzählige Frauen leiden jahrelang im Stillen an Endometriose. Noch vor zehn Jahren war die Erkrankung kaum bekannt – dabei geht sie mit heftigen Regelschmerzen, starken Blutungen, Beschwerden beim Geschlechtsverkehr und beim Toilettengang einher. Betroffene werden mit ihrem Leid oft alleine gelassen – sowohl von ihrem Umfeld als auch von ihren Gynäkolog:innen. „Periodenschmerzen sind normal“, heißt es dann schnell. Ohne eine Packung Schmerzmittel oder Krankenstandstage kommen viele aber nicht durch ihren Zyklus. Während Endometriose mittlerweile zunehmend Aufmerksamkeit bekommt, bleibt eine ähnliche Erkrankung weiterhin im Verborgenen: die Adenomyose.

Endometriose vs. Adenomyose

Die Abgrenzung zwischen Endometriose und Adenomyose ist nicht ganz einfach, erklärt der Wiener Gynäkologe Dr. Alexander Krell. Er ist Oberarzt in der Klinik Ottakring und führt eine Privatpraxis in Wien Mauer mit Schwerpunkt Endometriose. „Bei der Endometriose wachsen gebärmutterschleimhautähnliche Zellen in verschiedene Organe ein – etwa in die Eierstöcke, den Darm, die Scheide, die Harnblase oder oberflächlich am Bauchfell. Bei der Adenomyose hingegen dringen diese Zellen in die Muskelschicht der Gebärmutter ein. Andere Organe sind dabei nicht betroffen“, so der Experte. „Allerdings liegt bei einer Adenomyose oft auch Endometriose vor.“

Wie schlimm ist Adenomyose?

Die Symptome bei Adenomyose ähneln jenen der Endometriose: starke, lang andauernde und schmerzhafte Regelblutungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und eine mögliche Einschränkung der Fruchtbarkeit. Paare mit Kinderwunsch sollten sich davon aber nicht entmutigen lassen: „Es kann zwar etwas herausfordernder sein, aber viele Patient:innen werden trotz Adenomyose schwanger“, sagt Dr. Krell.

Ursache für die eingeschränkte Fruchtbarkeit sind entzündliche und immunologische Prozesse in der Gebärmutterschleimhaut. Auch die Umgebung der Gebärmutter kann betroffen sein: „Es kann zum Beispiel zu einer Störung der Flimmerhärchen in den Eileitern kommen, die normalerweise Spermien und Eizelle zueinander führen“, erklärt der Experte. „Es besteht zudem ein etwas höheres Risiko für Fehlgeburten oder Eileiterschwangerschaften.“ Falls der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, gibt es in speziellen Kliniken vielfältige Möglichkeiten, um Betroffenen zu helfen.

Ein weiteres Symptom der Adenomyose können Schmerzen im Unterbauch während des Geschlechtsverkehrs sein. Im Unterschied dazu berichten einige Endometriose-Betroffene zusätzlich von Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang – diese Beschwerden treten bei Adenomyose in der Regel nicht auf.

Schwierige Diagnose

Der Weg zur Diagnose beginnt mit einem ausführlichen Anamnesegespräch, bei dem die typischen Symptome abgefragt werden, unter anderem: Wie stark sind die Periodenschmerzen auf einer Skala von 1 bis 10? „Wenn jemand die Schmerzen mit 8 oder mehr angibt, sollte man als Gynäkologe hellhörig werden. Diese Intensität ist nicht normal – viele Betroffene werden aber leider nicht ernst genommen“, sagt Dr. Krell aus Erfahrung. Wer sich in diesen Beschwerden wiedererkennt, sollte ärztlichen Rat einholen – idealerweise bei spezialisierten Fachärzt:innen. Doch genau hier liegt oft die nächste Hürde: Die Nachfrage ist groß, die Wartezeiten auf Termine entsprechend lang.

Während bei Endometriose rund zehn Prozent aller menstruierenden Personen betroffen sind, lässt sich die Häufigkeit von Adenomyose bislang nicht genau beziffern. „Vor allem leichte Formen der Adenomyose sind schwer zu erkennen“, erklärt Dr. Krell. Für die Diagnose wird ein Vaginalultraschall durchgeführt, der idealerweise von erfahrenen Gynäkolog:innen ausgewertet wird. In bestimmten Fällen kann auch ein MRT hilfreich sein. Eine endgültige Diagnose ist jedoch erst möglich, wenn Gewebe operativ entnommen und anschließend histologisch – also feingeweblich – untersucht wurde.

Adenomyose: Eine Frau liegt am Bett und hat einen Arm auf den Kopf gelegt
© Unsplash/ Anna Keibalo

Behandlungsmethoden bei Adenomyose

Eine mögliche Behandlungsmethode bei Adenomyose ist die kontinuierliche Einnahme der Antibabypille oder das Setzen einer Hormonspirale. „Dadurch bleibt die Periode aus – und somit auch die damit verbundenen Schmerzen“, erklärt Dr. Krell. Gegen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr gibt es jedoch keine medikamentöse Behandlungsmöglichkeit.

Eine Operation kommt bei Adenomyose nur dann infrage, wenn ein eventueller Kinderwunsch bereits erfüllt ist. Die Entfernung der Gebärmutter sei eine Möglichkeit zur operativen Behandlung, erklärt Dr. Krell. In seltenen Fällen, bei einer bestimmten Form der Adenomyose, können lokale Gewebeentnahmen helfen – das ist jedoch die Ausnahme. „Wichtig ist zu sagen: Die meisten Betroffenen müssen nicht operiert werden“, bekräftigt der Arzt.
BLM_Grund3: Entscheiden sich Patient:innen für eine Gebärmutterentfernung, sind sie im Anschluss beschwerdefrei. Rund um diesen Eingriff kursieren jedoch viele Mythen – etwa, dass Frauen danach automatisch in die Wechseljahre kommen. Dr. Krell stellt klar: „Die Hormone werden in den Eierstöcken produziert – und diese bleiben bei der Operation erhalten. Auch ohne Gebärmutter bleibt der hormonelle Zyklus weiter bestehen. Es kommt lediglich zu keiner Regelblutung mehr.“

Betroffene: „Angst vor der Periode“

Auch Marie denkt über eine Entfernung der Gebärmutter nach. Bei der heute 36-Jährigen wurde vor einigen Jahren Adenomyose festgestellt. Dank professioneller Begleitung in einer Kinderwunschklinik wurde sie innerhalb von sechs Monaten schwanger. „Wir wünschen uns noch ein zweites Kind. Danach könnte ich mir vorstellen, mir die Gebärmutter entfernen zu lassen. Meine Regelschmerzen haben mich extrem eingeschränkt. Momentan lebe ich jeden Tag mit der Angst, meine Periode bald wieder zu bekommen“, sagt sie. „Die Schmerzen sind wie Wehen bei der Geburt. Wenn ich zurückdenke, hatte ich pro Zyklus vielleicht fünf schmerzfreie Tage.“ Sobald sich ihre Gebärmutterschleimhaut aufbaute, setzten die Unterleibsschmerzen ein.

„Während der Schwangerschaft sind Betroffene beschwerdefrei“, erklärt Dr. Krell. Nach einer Geburt werden die Karten neu gemischt: „Die Beschwerden müssen nicht zwingend in der gleichen Intensität zurückkommen wie vor der Schwangerschaft.“ Die genaue Ursache von Adenomyose ist bislang nicht vollständig geklärt. „Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr sind deutlich häufiger betroffen.“ Auch wenn nicht definitiv bewiesen ist, dass Adenomyose vererbt wird, lassen sich in einigen Fällen familiäre Häufungen beobachten.

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