Ist Monogamie noch zeitgemäß?

Mag. Heidemarie König klärt auf

3 Min.

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These eins: „Monogamie ist nur etwas für Menschen mit einer hoffnungslos romantischen Ader, denn in Wahrheit ist eine monogame Beziehung bei Menschen völlig unrealistisch.“ These zwei: „Die exklusive Paarbindung ist in den Menschen fix biologisch verankert, schließlich ist das der idealste Weg, sich fortzupflanzen und so die Nachkommenschaft für die nächsten Generationen zu sichern.“ 

Selbst die Wissenschaft beziehungsweise die Biologie ist sich offenbar nicht ganz einig, wie das ideale Beziehungskonzept für Menschen heutzutage aussehen sollte. Eigentlich auch nicht weiter verwunderlich, spielen doch so viele Elemente eine Rolle, wenn es darum geht, eine (sexuelle) Beziehung mit einer oder mehreren Personen aufzubauen und vielleicht sogar für längerfristig oder gar für immer zu führen. 

Nicht alle Menschen sehen die Monogamie als einengendes Konstrukt

Dennoch ist die exklusive Liebe und die (sexuelle) Treue zu einer Person häufig die gesellschaftliche Norm und somit auch fest in den Köpfen von vielen Menschen verankert. Eine monogame Beziehung ist nicht für alle Menschen ein einengendes Konstrukt. Im Gegenteil: Für manche ist es die Idealvorstellung.

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die diesem traditionellen Beziehungsmodell – in ihrem persönlichen Verständnis für die Vielfalt der menschlichen Beziehungen – wenig abgewinnen können. Doch in einer Welt, die sich so rapide verändert und in der Individualität als sehr wichtig erachtet wird, erscheint die Frage, ob eine monogame Beziehung zwischen zwei Menschen überhaupt noch zeitgemäß ist, besonders relevant. 

Bei Polyamorie geht es mehr als um ein aufregendes Sexleben

Die Annahme, dass es bei polygamen Beziehungen oder offenen Beziehungen immer um das besonders aufregende Sexleben geht, ist weitverbreitet. Es ist allerdings wohl eher ein häufig genanntes Vorurteil. Schließlich gehört für die meisten Menschen wesentlich mehr zu einer gut funktionierenden Beziehung dazu als „nur“ das herausragende Sexleben.

Für manche Menschen kann es allerdings ein wesentlicher Aspekt in der Beziehungsgestaltung sein, dass auch eine emotionale Aufladung mit bedient wird. Möglicherweise bedienen vor allem offene Beziehungen diesen emotionalen Kick, da diese Beziehungen für viele Menschen ein wenig abseits der erwartbaren gesellschaftlichen Norm sind und für das persönliche Umfeld manchmal sogar befremdlich wirken. Sexuelle Kontakte mit Menschen außerhalb der Beziehung und die lustvolle Neugierde, ob der Partner/die Partnerin auch gerade eine sexuelle Begegnung mit einer anderen Person hat, beflügeln für manche Menschen die Beziehung geradezu.

Während anderen Personen wiederum beim bloßen Gedanken daran, dass der Partner/die Partnerin mit jemand anderem Sexualität lebt oder nur davon fantasiert, der kalte Schauer über den Rücken läuft. 

Welche Beziehungsform ist modern und Zeitgemäß?

Zusammengefasst lässt es sich wohl nicht pauschal beziehungsweise klar beantworten, welches Beziehungskonstrukt nun das bessere, das modernere oder das zeitgemäßere ist. Letztendlich sind Beziehungen und Beziehungsformen wohl genauso unterschiedlich, wie die Menschen, die sie führen.

Dazu kommt, dass sich individuelle Zugänge und Blickwinkel bezüglich der Beziehungsmodelle verändern können. Oder die Menschen merken des Öfteren, dass sich beziehungsrelevante Dinge emotional im realen Leben manchmal anders anfühlen, als man sich das vorab gedacht hat. Denn einen Plan zu haben, wie eine Beziehung gelebt wird, ist das eine. Das andere ist dann aber der Alltag, der vollgepackt mit Situationen und Emotionen ist, die sich alle nicht an den ausgemachten Beziehungsplan halten.

So gesehen braucht es wohl in jeder Beziehungsform ein permanentes Ausverhandeln von Regeln und Vereinbarungen sowie ein gemeinsames Gestalten, denn nicht nur das Leben, sondern auch jede Beziehung ist ein Prozess, der sich ständig verändert und weiterentwickelt. 

Polyamorie & Co.

Monogamie: Eine (sexuelle) Beziehung mit ausschließlich einer Person zu führen. 

Polygamie: Eine (sexuelle) Beziehung gleichzeitig mit mehreren Personen zu führen. 

Offene Beziehung: Es gibt eine Beziehung, aber sexuelle Kontakte mit außenstehenden Personen sind für die Beziehungspartner und -partnerinnen innerhalb von individuell vereinbarten Regeln „erlaubt“.

Text: Mag. Heidemarie König www.sexualpaedagogik.at

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