Lydia Prenner-Kasper: Haltbar-Milf mit scharfer Zunge
Kabarettistin Lydia Prenner-Kasper startet im Jänner ihr bereits sechstes Solo-Programm.
© Vanessa Hartmann
Schneidiger Humor und unverblümte Direktheit – als Frau auf der Bühne lustig zu sein, ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Kabarettistin Lydia Prenner-Kasper zieht es rattenscharf durch. Mit Erfolg.
Die Wahl fiel aufs Ponykarussell, ein herziges Brunch-Lokal mitten im Wiener Prater. Wo einst Ponys ihr tristes Leben im Kreise gehend bestritten, diskutierten und philosophierten wir mit Lydia Prenner-Kasper über ihr gar nicht deprimierendes Dasein als Kabarettistin, Mutter und Ehefrau.
Aufgewachsen im 10. Wiener Gemeindebezirk, zunächst als Bürokauffrau im IT-Bereich, danach als Sozialpädagogin tätig, nutzte sie die zweite Karenz 2011 dazu, um bei einem Kabarett-Bewerb mitzumachen, den sie gewann. „Ich hab damals nicht viel nachgedacht, sondern es einfach gemacht“, erinnert sich die 42-Jährige mit einem Schmunzeln. Es folgte die Casting-Show „Die große Chance“, wo sie sich mit ihrem Kabarett-Gesang bis ins Halbfinale spielte und so gut ankam, dass der ORF entschied, ihr ein Management inklusive Spieltermine für ein Jahr zur Seite zu stellen.
„Das kam wirklich überraschend für mich. Dieses Geschenk wurde mir quasi vor die Füße gelegt. Den Erfolg musste ich mir aber erst erspielen, ich war ja noch kein bekanntes Gesicht.“ Gedichtet und Liedtexte umgeschrieben habe sie immer schon gerne. Doch als Talent erkannte sie das nie. Authentizität ist für sie selbstverständlich, wodurch auch das Interview sehr erfrischend und wohltuend wurde.
Dein Humor hat Schärfe und Direktheit, das liebt dein Publikum – das kann aber auch mal anecken. Warst du schon immer so direkt?
Lydia Prenner-Kasper: Ich war schon immer jemand, der direkt und nicht unbedingt leise war. Ich mag es, zu wissen, woran ich bin. Mir ist lieber, jemand sagt mir direkt etwas, auch wenn es etwas Unangenehmes ist, als die Person redet um den heißen Brei herum. Manchmal sind die Leute irritiert, wenn ich Dinge anspreche, die sie sich nicht ansprechen trauen, aber die meisten schätzen es.
Gibt es eine Grenze für dich oder darf Humor alles?
Satire sollte schon sehr frei sein. Nach oben zu treten find ich lustig, über sich selbst zu lachen auch. Aber sich über Menschen lustig zu machen, die es schon von Grund auf nicht einfach haben, finde ich nicht in Ordnung.
Von 2016 bis 2020 warst du gemeinsam mit Harry Prünster und Gery Seidl fixer Teil des Witzestammtischs bei „Sehr witzig?!“. Die Wiederholungen laufen bis heute sehr erfolgreich …
Es ist erstaunlich, was aus dieser Sendung geworden ist. Niemand von uns hätte gedacht, dass das so durch die Decke geht. Wir haben zunächst zwölf Sendungen gedreht, quasi als Probe, ob es ankommt. Am Ende wurden es 158 Sendungen. Wir hatten einen Riesenspaß, das war eine tolle Zeit.
Es war auch immer eine prominente Person zu Gast. Meist männlich. Also saßen dort oft drei Männer am Tisch – und du. Auch sonst stehen im Kabarett viel mehr Männer als Frauen auf der Bühne. Wie empfindest du das?
Zum Glück werden es immer mehr Frauen. Und ich glaube, die Gesellschaft gewöhnt sich langsam daran, dass da vorne Frauen stehen, die den Mund aufmachen und scharfzüngige Sachen sagen. Ich hatte tolle Vorreiterinnen. Andrea Händler oder Dolores Schmidinger zum Beispiel – die haben Sachen angesprochen, die damals teilweise boykottiert wurden, weil sie so nahe an einer gesellschaftlichen Schamgrenze gelegen sind. Ich bin ihnen sehr dankbar, denn sie haben begonnen, diese Schamgrenzen einzureißen. Aber sie haben sich damals viel anhören müssen.
Das Leben ist nicht immer nur schön und geschmackvoll, sondern manchmal auch hart und grauslich.
Lydia Prenner-Kasper
Wurdest du auch noch mit Gegenwind konfrontiert, als du vor 13 Jahren begonnen hast?
Ja, davon gab und gibt es immer noch genug. Veranstalter haben teilweise gesagt: „Frauen sind nicht lustig, die spiel ich nicht.“ Oder: „Was die redet, ist wahnsinnig ordinär.“ Für viele war es eine große Hemmschwelle, dass Frauen sich heiklen Themen oder Tabuthemen zuwenden. Das wird heute immer weniger und ich merke, das macht etwas mit den Menschen, im positiven Sinne.
Welche Veränderungen wünschst du dir für die nächste Generation von Künstlerinnen?
Schön wäre, wenn bald nicht mehr über Gleichstellung, gleiche Präsenz in den Medien etc. diskutiert werden muss, weil das dann Realität ist. Da hat sich in den letzten Jahren viel getan. Es werden immer öfter auch unbequeme Meinungen zugelassen. Das Leben ist nicht immer nur schön und geschmackvoll, sondern auch manchmal hart und grauslich. Damit umzugehen, ist mir wichtig, weil es wahr ist.
Du bist Ehefrau und Mutter von drei Töchtern. Wie verbindest du die Bühnenrolle mit der Mutterrolle?
Die Bühne ist ein großartiger Ort, Dinge zu verarbeiten, mit denen man hadert. Das trägt auch zu meiner psychischen Gesundheit bei. Meine Töchter kennen mein letztes Programm „Damenspitzerl“. Ihr Feedback war wichtig für mich und das Programm fand Anklang bei ihnen, sie sind stolz auf mich und stehen hinter mir. Geniert haben sie sich nur fürs Tanzen am Anfang des Auftritts (lacht). Aber wir konnten dann gemeinsam darüber lachen.
Lydia Prenner-Kasper und Chefredakteurin Nicole Schlaffer: Der Prater-Turm sorgte für gute Laune auch nach dem Interview. © Vanessa Hartmann
In deinem neuen Programm ab Jänner 2025 – „Haltbar-MILF“ – geht es ums Älterwerden. Wie geht’s dir damit?
Wurscht ist mir das Älterwerden nicht. Ich versuche aber, sehr darauf zu schauen, dass es mir mehr wurscht wird. Aber ich muss sagen, die Außeneinflüsse sind schon sehr stark. Sich erhalten zu wollen bzw. zu müssen, das legen einem die Einflüsse der Medien nahe. Beruflich ist frau immer wie aus dem Ei gepellt, alle schauen, sich möglichst von der besten Seite zu präsentieren.
Die Realität unter dem Gewand und unter der Schminke schaut meist ganz anders aus (lacht). Was ich nicht möchte, ist, an mir herumzudoktern. Weil es muss trotz all dem schönen Schein, den wir ja noch immer in unserer Gesellschaft wahren wollen, möglich sein, in Würde zu altern und sich nicht dafür zu genieren. Damit hadere ich ab und an, weil der Druck, der auf uns lastet – auf Männern und Frauen – kein kleiner ist.
Das beginnt im Kinder- und Jugendalter. Da lernen wir schon, einem bestimmten Bild zu folgen, entsprechen zu müssen. Warum wird uns das abverlangt? Da auszubrechen, ist nicht einfach.
Im Text über das neue Programm schreibst du: „Rattenscharf zu sein, ist eine Entscheidung.“ Funktioniert das gut bei dir?
Meine Erkenntnis ist, wenn ich mich selber nicht mag und nicht schön finde, dann kann ich noch so viel Zeit auf mein Äußeres verwenden, dann bin ich einfach nicht scharf. Eine schön geschminkte Hülle ist nicht hot. Rattenscharf zu sein, ist eine bewusste Entscheidung. Egal wie ich beinand’ bin, ich bin heiß. Punkt.
Wordrap mit Lydia Prenner-Kasper
Termine:
Weihnachtskabarett „Leise pieselt das Reh“:
- 05. + 06. Dezember 2024,
KUZ Mattersburg
Programm „Haltbar-MILF“ ab 2025:
- 27.01.2025, Orpheum, Wien
- 30.01., Casanova, Wien
- 31.01., Casanova, Wien
- 11.02., Orpheum, Wien
… - 26.06., Kurpark Open Air, Bad Sauerbrunn
- 26. + 27.09., Stadtsaal, Güssing