
Sonja Exel ist Pflegemutter und mehr: „Es kommt viel zurück“
Sonja Exel hat sieben leibliche und zwei Pflegekinder.
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34 Menschen waren sie zuletzt unterm Christbaum in Grafenschachen. Wie so eine Großfamilie verköstigt wird? „Ich koche!“, lacht Sonja Exel. „Es fällt mir leicht, für viele zu kochen – ich hab’ eher ein Problem, wenn wir mal nur zu dritt sind, da ist mir die Zeit zu schade in der Küche.“ Die 59-Jährige ist nämlich nicht nur Obfrau des Pflege- und Adoptivelternvereins Burgenland, sie hat selbst eine ziemlich große Familie: sieben leibliche Kinder – plus Partner*innen –, zwei Pflegekinder und 16 Enkelkinder.
Hinzu kommt, dass sie – seit ihre Kinder nacheinander ausfliegen – Krisenmutter ist. Sie nimmt also im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe temporär Babys und Kinder bei sich auf, weil beispielsweise ihre Eltern in Notsituationen geraten. Das kann jeweils für einige Monate sein, bis die Kinder anschließend entweder zu ihren leiblichen oder zu Pflegefamilien kommen.

Von Kindern kommt immer viel zurück
Sonja Exel
An die 30 Kindern hat sie schon mit ihrem Mann Rudolf ein sicheres liebevolles Zuhause auf Zeit geschenkt. „Diese Aufgabe bedeutet mir viel, Kinder sollen am Anfang ihres Lebens nicht noch mehr traumatisiert werden, und es kommt von ihnen auch sehr viel zurück.“ – Woher sie die viele Energie nimmt? „Der Glaube ist in unserer Familie ein wichtiger Aspekt und bereichert unser Leben.“
Wolfgang Prenner, ehemaliger Obmann des Pflege- und Adoptivelternvereins, fragte Sonja Exel vor gut zehn Jahren also nicht ohne Grund, ob sie bereit wäre, das Zepter zu übernehmen: Die Frau kennt sich offenbar mit Kindern aus. „Mein Mann und ich wollten immer schon eine Großfamilie“, erzählt sie.
Wären die Jobaussichten schon früher besser dafür gewesen, hätte sie den Beruf der Hebamme ergriffen, verrät sie. Berufstätig war Sonja Exel parallel zu den Kindern schon, allerdings bemühte sie sich stets, von zu Hause arbeiten zu können, um nicht die ersten Jahre zu verpassen. Als die Familie noch in Wien wohnte – sie zog 2008 ins Burgenland –, war sie beispielsweise Messnerin und später selbstständige Möbelhändlerin. „Man muss nicht alles selber schaffen“ ist ihr Credo; als ihre Kinder klein waren, hatte sie in Wien Unterstützung durch eine Familienhelferin.
Guter Kontakt braucht Zeit und Verständnis
Dass sie nach sieben Schwangerschaften Pflegekind-Mutter wurde, daran ist sozusagen ihre Älteste „schuld“, erzählt sie schmunzelnd. „Ich hatte ihr versprochen, dass ich noch ein Baby kriege, wenn sie 15 ist – und 2016 kam dann noch unser zweites Dauerpflegekind dazu.“
Warum sie sich für Pflegekinder entschied, erklärt sie so: „Das liegt nicht nur daran, dass Adoptionen in Österreich mit hohen Hürden verbunden sind. Ich persönlich finde es gut, dass die Kinder Kontakt zu ihren Herkunftsfamilien haben können. Das ist bei einer Adoption nicht immer möglich. Kinder möchten aber früher oder später wissen, woher sie kommen.“ Damit ein guter Kontakt zwischen den beiden Familien vorhanden ist, brauche es Zeit und Verständnis, „aber es hilft den Kindern sehr“, weiß sie.

Im Team lassen sich Hürden leichter nehmen; der Erfahrungsaustausch ist einer der Kernpunkte des Pflege- und Adoptivelternvereins. „Wir bieten Supervisionsgruppen an, machen aber auch gemeinsame Ausflüge“, beschreibt Sonja Exel. „Das tut auch den Kindern gut, damit sie sehen, dass es viele Kinder wie sie gibt.“
Alle zwei Jahre organisiert der Verein ein großes Familienfest und in Kooperation mit dem Burgenländischen Bildungswerk werden laufend Fortbildungen angeboten. Der Verein will auch in schwierigen Situationen unterstützen oder wenn es gilt, Therapiemöglichkeiten für ein Kind zu schaffen.
Es gibt im Burgenland etwa 170 Pflegefamilien, rund ein Drittel sind Mitglieder des Vereins.
Infos:
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