Marion Mitterhammer: Zwischen Bühnenkraft und Lebensmut
Über starke Rollen, persönliche Verluste und die Kraft, weiterzumachen.
© SARIPICTURE/Sarah Domandl
Die vielseitige steirische Schauspielerin Marion Mitterhammer blickt auf eine langjährige Karriere zurück. Heuer musste sie Abschied nehmen von ihrem Mann Hans-Günther Bücking. Jetzt ist sie dabei, ihr Leben neu zu ordnen – und kehrt nach Österreich zurück.
Schauspielerin Marion Mitterhammer ist bekannt für ihre Charakterrollen, und auch ihre Rolle als eine der Geiseln in „Taktik“, einer wahren Geschichte, war keine leichte Kost. Aber wie es ihr selbst geht, nachdem sie immer sehr tief in ihre Rollen eintaucht, möchte ich von Marion wissen und erfahre: „Weißt du, ich bin kein verwöhnter Mensch. Ich habe sehr vieles schon in sehr jungen Jahren gut beobachtet und mich immer gerne mit anderen Schicksalen beschäftigt. Und ich habe ja selber mein eigenes.“ Sie meint damit vor allem die Autoimmunerkrankung Alopecia areata. Was als Drama begann und Marion über 30 Jahre stark belastete, sie leiden und Angst vor Entdeckung haben ließ, endete, als sie sich 2018 „outete“.
Marion Mitterhammer über ihr Glück
Ihr Leben ohne Haare und mit Perücke belastet sie heute kaum noch, dabei geholfen hat ihr auch ihre große Liebe Hans-Günther Bücking, den sie 2010 kennenlernte und 2011 heiratete. „Durch ihn habe ich mich endlich ‚frei gefühlt‘. Damals war es eine Zeit der ‚Makellosigkeit‘ und Gott sei Dank gibt es heute Themen wie Diversität und Inklusion – und nobody is perfect. Aber zurückkommend auf die Frage, ich kann sehr gut fokussieren und gehöre nicht zu den Schauspielern, die abends nach Hause gehen und immer noch weiterspielen. Wenn ich nach den vielen Jahren etwas kann, ist es, im richtigen Moment abzurufen, aber nicht mitzunehmen. Schauspiel ist auch ein Handwerk.“
Rückblickend macht es der vielseitigen Schauspielerin große Freude, dass sie schon viele herausfordernde Rollen in den verschiedensten Genres gespielt hat „und dass ich es geschafft habe, keinen ‚Stempel‘ aufgesetzt zu bekommen“. Das gibt ihr auch Selbstbewusstsein und eine gewisse Ruhe. „Wir sind nichts Besonderes, wir haben nur einen Beruf, der öffentlich stattfindet – und was die Leute sagen, ist mir mittlerweile egal.“

Neuer Lebensabschnitt
Im April verstarb ihr Lebensmensch Hans-Günther Bücking, mit dem sie eine eigene Produktionsfirma hatte. „Der Hans hat wirklich alles gekonnt“, kommt Marion ins Schwärmen. „Von Anfang an faszinierte mich seine unorthodoxe Herangehensweise, er war so schnell und klar im Kopf und hatte so viel Gefühl. Er war ein versteckter Intellektueller“, erinnert sie sich liebevoll, „geradeheraus und er spürte trotzdem jede Stimmung ganz genau.“
Mit ihrem Film „Taktik“ stieg Marion selbst in die Regie ein. Es war ihr erster großer Spielfilm, bei dem sie gleichzeitig Autorin, Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin war. Inspiriert war der Film von einer wahren Begebenheit in einem Grazer Gefängnis in den 1990er-Jahren. „Das alles machte ich aber mit Hans gemeinsam. Wenn ich gespielt habe, war er mein Regisseur, mit ihm habe ich alles vorbereitet und besprochen. Es war uns einfach wichtig, alles gemeinsam zu machen. Ich hoffe sehr, dass ich mir alles gemerkt habe, was Hans mir mitgegeben hat.“

Marion Mitterhammer denkt an ihren Mann
Im Sinne ihres Mannes weiterzumachen, ist Marion ganz wichtig. „Es gibt viele, gut vorbereitete Projekte, die man nur mehr drehen müsste. Und ich habe Freunde hier in Graz, die seinen Arbeitsstil kannten und mit mir arbeiten wollen.“ Sie verrät mir, dass sie gemeinsam mit dem von ihr sehr geschätzten Grazer Autor und Produzenten Markus Mörth ein Drehbuch geschrieben hat. „Es ist eine Grazer Geschichte und hat mit der Zeit vor der Psychoanalyse zu tun.“
Heuer ist die Schauspielerin unter anderem noch in einer Folge von „Polizeiruf 110 – Das Recht des Stärkeren“, in einem „Tatort“ und im Spielfilm „Vanitas“ zu sehen. „Wir haben diesen auf Malta gedreht und ich bin überzeugt, dass er Aufsehen erregen wird. Ich glaube, so eine Rolle bekommt man nur einmal im Leben: der Inhalt – ein erkrankter Mann, der von seiner Frau gepflegt wird – und der Drehort Malta waren so nah an meinem Leben und zugleich wieder fern, denn ich konnte natürlich nicht mein Privatestes in den Film mitnehmen. Es war also einfach eine erstaunliche Parallele.“


Vielseitige Kombo
Ein bleibendes Projekt sind auch die literarischen Abende gemeinsam mit Hubsi Kramar und dem Musiker Willi Langer. „Wir drei nennen uns jetzt eine Kombo und bieten verschiedenste Lesungen an“, erzählt Marion begeistert und freut sich über viele Anfragen dazu. Gemeinsame Pläne gibt es auch mit Renate Remta, der Eigentümerin und Geschäftsführerin der Mare-Kurhotels in Bad Radkersburg. „Sie war schon Sponsorin bei unserem Film ‚Taktik‘. Im Vorjahr habe ich mit Hans noch drei Tage bei ihr verbracht und konnte mein Versprechen einhalten, eine Lesung zu machen. Damals entstand die Idee, etwas gemeinsam zu machen – Kunst und Gesundheit, eventuell im Rahmen eines Salons, zu verbinden und Menschen eine schöne Stunde zu bereiten.“
In Erinnerung
In ihrer Freizeit kann Marion stundenlang Geschichten lesen oder hören. „Ich liebe Geschichten. Ich erzähle gerne, höre aber fast noch lieber zu“, schmunzelt Marion. Gerne, aber auch traurig, erinnert sie sich wieder an die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann. „Wir hatten in vielen Dingen denselben Geschmack und es ist für mich noch immer unverständlich, dass Hans nicht mehr ist.“ Tröstlich dabei ist für sie: „Er wird weiterleben, solange ich lebe, an Hans denke und von ihm rede.“
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