Mein rotes Fest

Mädchen die Angst vor der ersten Regel nehmen.

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Mädchen die Angst vor der ersten Regel nehmen, Tabus aufbrechen und Persönlichkeiten stärken – das hat sich die Mittelburgenländerin Gabriele Pröll zum Ziel gemacht.

Bei ihrer ersten Blutung ging ihre Mutter mit ihr in den Erdäpfel-­Keller, gab ihr ein Monatshöschen aus Plastik mit einer Stoffbinde und sagte: „Das bekommst du jetzt jeden Monat.“ Gabriele fühlte sich alleingelassen und schmutzig. Erst in ihrem Studium mit Schwerpunkt Frauenforschung fand sie das, was sie jahrelang gesucht hatte: ein anderes, lustvolles Frauenbild, weg vom „katholisch-­masochistischen Frauenbild“, das ihr in jungen Jahren vermittelt wurde. Gabriele Pröll hat begonnen, intensiv zu forschen. Sie entwickelte das erste Menstruationszelt-­Projekt in Österreich und gründete den Verein für Frauenkultur, Menstruation und Körperweisheit. Als selbstständige Lebensberaterin mit dem Schwerpunkt Unterleibs- und Brustgesundheit hält sie Seminare und bietet Beratung zur Selbstheilung nach Methode Wildwuchs® an. Seit 25 Jahren führt sie Projekte und „Rote Feste“ an Schulen und anderen Einrichtungen durch. Nun hat sie ihr umfangreiches Wissen in das Buch „Mein Rotes Fest – Die Regel für die Regel machen wir uns selbst“ gepackt.

Die erste Regel ist für Mädchen ein sehr eindrucksvolles Erlebnis: Wie ist es zu schaffen, dass dies keine schreckliche Erinnerung wird?

Gabriele Pröll: Studien zeigen, dass Mädchen, die ihre erste Regel mit einem positiven Erlebnis verbinden, weniger Beschwerden und generell einen freieren Umgang mit der Blutung und ihrem Körper haben. Es ist wichtig, dass sich die Person, an die sich das Mädchen wendet (meist ist es die Mutter), darüber freut und dem Mädchen das Wertvolle daran vermittelt. Die Mütter werden durch die Töchter selbst an ihre erste Blutung und die Reaktion ihrer eigenen Mutter erinnert. In meinen Workshops arbeite ich deshalb auch immer mit den Frauen an der eigenen Erinnerung und der Umwandlung ins Positive. Es geht darum, zu schauen, was sie selbst damals gebraucht hätten, und das der Tochter jetzt zu geben.

Welchen Beitrag können Eltern leisten und was sollte vermieden werden?

Das Mädchen in den Arm nehmen und ihm vermitteln, dass die erste Blutung etwas ganz Natürliches, aber auch etwas ganz Besonderes in der Entwicklung zur Frau ist. Das Mädchen ist jetzt fruchtbar und wird zu einem zyklischen Wesen mit unterschiedlichen Phasen. Diese innere Natur kann es sich so vorstellen wie Jahreszeiten im Bauch. Vermieden werden sollte, dass die überwiegend negative Einstellung zur Menstruation in der Gesellschaft immer wieder von Müttern an Töchter weitergegeben wird.

Gabriele Pröll, Lebensberaterin © beigestellt

Ihrer Erfahrung nach: Wie unterschiedlich gehen Mütter und Väter mit diesem Thema um und wo hakt es?

Viele junge Frauen erzählen mir, dass die Mutter ihnen Binden in die Hand gedrückt und ihnen eher ein Leidensbild vermittelt hat. Sätze wie „Oje, jetzt hast du auch ‚das Zeug‘ oder ‚das Gscherr‘“, „Die Regel ist lästig, unnötig und tut nur weh“ oder „Wir Frauen sind dadurch benachteiligt, Männer haben es besser“ sind frauenverachtend und nicht förderlich für das Selbstbewusstsein. Väter in unserer Kultur begegnen den Mädchen oft unsicher, zurückhaltend, aber auch überschwänglich freudig. Meist überlassen sie das Thema aber den Müttern. Mädchen sagen es in den meisten Fällen nicht selbst dem Vater, weil es ihnen peinlich ist. Ich finde es wichtig, dass auch Buben und Männer über den Zyklus aufgeklärt werden, um Mädchen und Frauen besser verstehen und unterstützen zu können.

Was hat es mit den Roten Festen auf sich, über die Sie in Ihrem Buch schreiben?

Zeremonien und Rituale haben den Sinn, Mädchen in der unsicheren Phase der Veränderung Sicherheit und Information darüber zu geben, was da gerade in ihrer Entwicklung passiert. Rote Feste sind eine Möglichkeit, diesen besonderen Markstein in der Entwicklung zur Frau zu würdigen und zu feiern. Dadurch wird das Tabu gebrochen, es wird darüber gesprochen und das Thema wird sichtbar, Mädchen brauchen sich nicht mehr dafür zu schämen und zu verstecken, sondern können stolz darauf sein, eine zyklische, lustvolle und fruchtbare Frau zu werden. Wenn Mädchen zum Roten Fest in die feierlich geschmückte Jurte kommen, ist das immer ein sehr sinnlicher Tag. Sie tragen schöne Kleider, haben oft besondere Frisuren oder sind geschmückt, es gibt ein leckeres Rotes-Fest-Essen und eine besondere Initiations-Zeremonie.
Rote Feste können aber auch im Kleinen passieren. Auch wenn ein Mädchen mit ihrer Freundin oder ihren Freundinnen feiert oder mit den Eltern Eis essen geht oder ein kleines Geschenk wie z. B. einen Ring mit einem roten Stein oder eine Zykluskette bekommt, wird ihre erste Blutung positiv besetzt. Wichtig ist mir, dass Rote Feste mit den Mädchen abgestimmt werden und nicht als Überraschung über sie hereinbrechen. Viele Mädchen wollen dieses Ereignis eher im Stillen erleben, das ist auch gut so.

Welche Rituale können Sie Mädchen empfehlen, damit sie mit ihrer Menstruation gut klarkommen?

Am wichtigsten finde ich, dass Mädchen wissen, dass sie in ihrem Winter sind, wenn sie bluten. Da ist es ganz natürlich und normal, dass sie sich eher zurückziehen möchten, leichter von etwas genervt sind, viel herumliegen, träumen, schlafen und kuscheln möchten. Das Tor nach außen ist in dieser Phase eher zu, dafür nach innen ganz offen. Mädchen können sich in dieser Zeit ein Kuschelnest bauen oder einen roten Baldachin übers Bett hängen, sich regelmäßig hinlegen und einfach spüren, wie sich das anfühlt, wenn sie bluten. Sie können ganz tief zu sich selber kommen in der Zeit der Blutung und lernen, sich, ihre Fähigkeiten, ihre Bedürfnisse und ihre eigene Natur zu verstehen. Sie können ein Tagebuch führen und aufschreiben, was in ihnen vorgeht und wie sie sich fühlen. In meinem Buch gibt es viele Anregungen für kleine Rituale und auch einen immerwährenden Zykluskalender zum Ausdrucken. Der gibt ihnen die Möglichkeit, die Stimmungen und Körperempfindungen Monat für Monat in den vier Zyklus-Phasen zu vergleichen und immer mehr zu verstehen, dass sich alles wiederholt und dass es ganz normal ist, unterschiedlich drauf zu sein.

Taschenbuch mit vielen Tipps und Anleitungen für Rote Feste. Lesealter: ab 10 Jahren © beigestellt



Termine zu Roten Festen und zu Buchpräsentationen in Eisenstadt, Oberpullendorf und Oberwart unter: www.rotesfest.at oder auf Facebook: rotesfest.at

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