Singer-Songwriterin und Mama Julia Anna

Julia Anna – Lebensg’schichten und Heiratssachen

Dass Julia Annas neues Album „Lebensg’schichten und Heiratssachen“ heißt, kommt nicht von ungefähr.

7 Min.

Julia Anna © Carina Antl

Der Kauf war ein ziemlicher Geniestreich, wie sehr, wusste Julia Anna Knoll-Franye noch nicht, als sie voller Vorfreude die Schlüssel zu ihrem kleinen feinen Tourbus in der Hand hielt. Sie wollte damit von Konzert zu Konzert touren, das eigene Bett quasi immer dabeihaben. Heute ist es viel mehr: ein fahrendes Kinderzimmer, in dem die Nanny ein wachsames Auge auf den kleinen Jakob hat, während seine Eltern auf der Bühne stehen. Oder während seine Mama freudestrahlend den BURGENLÄNDERIN-Award in der Kategorie Kunst und Kultur entgegennimmt. Eben das geschah im Vorjahr, da war ihr Baby erst acht Monate alt.

Während diese Zeilen entstehen, zählt Julia Anna die Tage bis zum zweiten „Geburtstermin“ – ihres neuen Albums „Lebensg’schichten und Heiratssachen“. Der Titel lässt es erahnen: Seit der Debütplatte zogen für die Austropop-Singer-Songwriterin drei ereignisreiche Jahre ins Land.

Was steckt hinter dem vielsagenden Titel?

Julia Anna: Wir haben für „Lebensg’schichten und Heiratssachen“ 14 Lieder ausgesucht, die Themen gehen mir nie aus. Es sind ganz unterschiedliche Songs: berührende wie „Oma“ über den Verlust meiner Großmutter oder humoristische über die Zeit, als ich noch nicht „unter der Haube“ war und lustige Dating-Erfahrungen machte. Auch unser Hochzeitslied ist auf dem Album und in einem Lied geht es ums Mamawerden, um die Vorfreude vor der Geburt. Viele Lieder sind autobiografisch inspiriert, manchmal wachsen ihnen Flügelchen und sie verwandeln sich in etwas anderes. Das Album trägt wieder die Handschrift des preisgekrönten Toningenieurs Chuck Ainlay, der auch schon mit Taylor Swift zusammenarbeitete.


Du startest mit einer Release-­Party in Mattersburg die Albumtour. Wie geht es dir gerade?

Es ist alles auf Schiene, ich freue mich sehr auf die Konzerte. Hinter mir liegt ein Prozess mit schönen, aber auch schwierigen Momenten. Mein Mann (Christian Knoll, Anm.) managt mich und andere Bands und er ist selbst Musiker, ich vereine als freischaffende Künstlerin auch mehrere Berufe, weil ich auch Produzentin bin und mein Album im Eigenlabel herausbringe. Da sind ehrlicherweise ab und zu die Tränen geflossen, wenn ich mal bis zwei Uhr nachts etwas fertig machen musste, nachdem der Kleine eingeschlafen war. Gleichzeitig war ich oft auf Wolke sieben, wenn ich die fertigen Lieder gehört habe.

Eine der wichtigsten Aufgaben als Eltern: dass unser Kind lernt, mit Emotionen umzugehen.

Singer-Songwriterin Julia Anna


Wie hast du deine Schwangerschaft und Jakobs Ankunft erlebt?

Es war noch Coronazeit und wir sind nach Leutasch gezogen, an einen ziemlich abgelegenen Ort auf mehr als 1.100 Metern Höhe. Ich hatte also eine sehr zurückgezogene Schwangerschaft in einem Naturparadies. Ich habe versucht, mich voll darauf einzulassen; wir haben ein paar Lieder veröffentlicht und Stimmen aufgenommen, alles andere ist eher stillgestanden. Als Jakob im August 2022 gekommen ist, war das ein unglaubliches Gefühl. Ich habe mir gedacht: Wahnsinn, du bist in mir herangewachsen. Aber es war auch eine große Umstellung und wir sind bald an unsere Wohnsitze – wir pendeln zwischen Tirol und Bad Sauerbrunn – zurückgezogen; ich wollte näher bei meiner Familie sein.

Julia Anna mit Sohn Jakob
Künstlerin und Mama. Jakob wird im August zwei Jahre alt. © privat


Ist das Mamasein, wie du es dir vorgestellt hast?

Ich habe mich einfach gefreut, Jakob kennenzulernen. Man kann sich das vorher nicht vorstellen: einerseits die große Liebe und andererseits die Tatsache, dass man plötzlich 24/7 Mutter ist und dass eine Dusche allein zum Luxus wird (lacht). Jakob wurde für mich ein Lehrmeister im Im-Moment-Sein. Ich habe gelernt, dass je mehr ich mich stresse, einem Zeitplan zu entsprechen, desto anstrengender wird es. Wenn ich mich der künstlerischen Arbeit widmen kann, weiß ich das heute sehr zu schätzen. Ich wusste nicht, wie viel Zeit ich früher hatte, um zu philosophieren und Songtexte zu schreiben! (lacht) Jetzt muss alles schneller gehen. Dafür habe ich kaum Zeit zu zweifeln und zu zaudern und treffe auch Entscheidungen aus dem Bauch heraus – das finde ich gut so!


Ihr steht auch gemeinsam auf der Bühne, wie klappt das mit Jakob?

Wenn Jakob nicht bei der Oma in Bad Sauerbrunn ist, ist er überall mit dabei – mit der Nanny im Tourbus. Bisher war es wichtig, dass er bei uns einschläft. Bei einem Konzert in Wörgl war er 15 Minuten vor der Show noch wach. Ich dachte schon, ich muss absagen (lacht). Dann ist Christian mit ihm im Kinderwagen an den Leuten vorbei, zehn Minuten später hat er geschlafen. Wir werden sehen, wie das heuer klappt.

Julia Anna und ihr Mann und Manager Christian Knoll.
Albumtitel trifft real Life. Julia Anna und ihr Mann und Manager Christian Knoll. Jetzt geht es auf Tour mit „Lebensg’schichten und Heiratssachen“. © Marko Zlousic


Wie managt ihr Haushalt und Kind?

Wir versuchen fifty-fifty aufzuteilen. Ich verstehe auch nicht, warum wir Frauen per Geburtsrecht für Hausarbeit besser qualifiziert sein sollen oder wer uns Wäsche waschen in die Wiege gelegt haben soll. Und wer gibt mir dafür ein Abzeichen? (lacht) Tatsache ist, dass ich anfangs mehr Zeit zu Hause mit Jakob verbracht habe; da rutschen Aufgaben dazu und man steckt beruflich zurück. Christian erwartet das nicht, wir besprechen diese Themen sehr offen. Auch in mir ist ein Widerspruch da: Ich will bei meinem Kind sein und gleichzeitig Künstlerin sein. Mein erstes Lied war mal mein Motto: „Scheiß di net an!“ (lacht) Heute ist es: Step by Step. Ich bin auf einem Weg. Was sich wie vereinbaren lässt, muss ich erst herausfinden.

Mein erster Liedtitel war früher mein Motto: Scheiß di net an. Heute ist es: Step by Step.

Singer-Songwriterin und Mama Julia Anna


Was ist dir bei Jakobs Erziehung wichtig: heute und für später?

Heute ist uns wichtig, dass er viel Liebe bekommt und lernt, mit seinen Emotionen gut umzugehen. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben, die wir als Eltern haben. Das führt im späteren Leben zu Problemen, wenn man nicht früh lernt, dass alle Emotionen willkommen sind, man muss sie nur regulieren können. Für später wünsche ich ihm eine glückliche Partnerschaft, wir räumen schon jetzt gemeinsam den Geschirrspüler ein und waschen gemeinsam die Wäsche, damit er davon ein selbstverständliches Bild bekommt. Es ist auch okay, wenn jemand lieber nach klassischen Rollenbildern leben will, aber prinzipiell kann ein Mann genauso Haushalt und Kindererziehung übernehmen, wie eine Frau arbeiten gehen kann.


Du wirkst sehr positiv, wie gelingt dir das?

Ich versuche, mich an den schönen Dingen zu orientieren, möglichst viel Liebe und Dankbarkeit zu empfinden und die Herausforderungen des Lebens anzunehmen. Ich bin aber auch nur ein Mensch und wie gesagt: Alle Emotionen gehören dazu. Anstatt sich auf Biegen und Brechen zu etwas zu zwingen, nehme ich mir vor, meinen Weg, meine Ziele und Werte immer wieder zu überprüfen: Stimmt das alles noch für mich? Ich will offen bleiben für meine Lebensaufgaben, wie auch immer die sich verändern.

Tourdaten: julia-anna.at/events/

__________________

MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS:

Viktoria Kery-Erdelyi BURGENLÄNDERIN
© Vanessa Hartmann

Viktória Kery-Erdélyi ist Redakteurin bei der Burgenländerin, hört und schreibt sehr gerne Lebensgeschichten von Jung und Alt, bemüht sich, Menschen, die sich gegen Ungerechtigkeiten engagieren und die Welt zu einer besseren machen wollen, eine Stimme zu geben. Sie studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft und ist zweifache Mama.

Abo

Sichern Sie sich Ihr BURGENLÄNDERIN-ABO