Cirkusglück: 3 Damen stehen umarmt vor einem Zirkuszelt und Wohnwagen aus Holz

Circusglück: Manege frei für …?

Barbara, Victoria und Olivia Rosenberger bringen Artistik, Theater und Pantomime in einem spannenden Kulturprojekt für Kinder und Jugendliche ins Land.

5 Min.

Barbara, Victoria und Olivia Rosenberger © Viktoria Kery Erdelyi

Circusglück – das sind drei Frauen und ein großes Zirkuszelt.

Das Küchen- und Speisezelt füllt sich mit köstlichen Düften. Schwiegersohn Mfilinge, der hauptberuflich an der Uni Wien Kiswahili lehrt, ist verantortlich dafür. Wir sitzen mit dem Blick auf die gelb-roten Wägen, das Herzstück des Ensembles bildet das 28-Meter-Durchmesser-Zirkuszelt. Barbara Rosenberger und ihre Töchter Olivia und Victoria sind etwas müde, eine quirlige Volksschulklasse hielt sie zuvor auf Trab. Doch wenn das weibliche Triumvirat von seinem bemerkenswerten Unternehmen „Circusglück“ erzählt, kehrt das Funkeln in ihren Augen im Nu zurück.

Inspirierende Mama.

Barbara Rosenberger war ausgebildete Tänzerin und Akrobatin, als sie jung in die Artistenfamilie ihres Mannes einheiratete. Sie bekamen drei Kinder; Victoria, Olivia und Ben sind heute 35, 34 und 29 Jahre alt. Die Beziehung zerbrach, doch Barbaras Liebe zur Artistik und zu ihrem Zuhause blieb. Also krempelte die arbeitsame Mutter die Ärmeln noch weiter hoch, führte ihr „Teatro Vagabondo“ fort und setzte alle Hebel in Bewegung, um mit den Kindern am geliebten Hof in Langental bleiben zu können.

„Ich bewundere Mama, wie sie uns als selbstständige Künstlerin aufgezogen hat“, sagt Olivia. „Das ging nur, weil ich wunderbare Kinder habe“, fügt Barbara prompt hinzu. Außergewöhnlich war ihr Aufwachsen schon. Allein die Antwort auf die Frage „Was macht deine Mama beruflich?“ gestaltete sich abenteuerlich, verraten die Töchter lachend, die mit Bruder Ben sie oft begleiteten.

Sie waren zuständig für die Musik und spielten kleine Rollen, sie lernten aufregende Menschen kennen – wie den früheren Wildtierdompteur Jaro, der fesselnde Geschichten von Bären zu erzählen wusste. Und auf Mittelalterfesten ließ sich gut Taschengeld verdienen.

Cirkusglück: Kinder auf großen Bällen balancierend in einer Zirkusarena
© Circusglueck

Bei einem dieser bunten Veranstaltungen – das ist mehr als 20 Jahre her – bekam Barbara eine unerwartete Anfrage: Es wurde eine Künstlerin gesucht, die im Zirkuszelt unterrichten sollte. „Ich war durchgängig engagiert, hatte dafür eigentlich keine Zeit und wenig Interesse.“ Sie wagte doch einen Versuch. „Ich hab’ gespürt: Es kommt darauf an, wie ich mein Wissen weitergebe.

Gelingt es mir, jungen Leuten seriös Lust auf Artistik zu machen? – Als ich merkte, dass die Kinder mächtig zu begeistern waren, habe auch ich Feuer gefangen.“
Aus einer Zirkus-Ferienwoche werden zwei und drei, bald unterrichtet sie den ganzen Sommer. Viele Jahre mit dabei: ihre Kinder. Anfangs als Schüler:innen, später als Betreuer:innen.

Victoria studiert Afrikawissenschaften, arbeitet als Sozialarbeiterin in England und wird Mutter; der Zirkus hat vorerst keinen Platz im jungen Familienleben. Olivia packt das Fernweh: Es geht nach Schottland, dann nach Australien. Als sie zurückkehrt, inskribiert sie Literaturwissenschaften und beginnt am Theater zu arbeiten. Bei einem Auslandssemester in Lissabon verliebt sie sich, heiratet – und eröffnet dort ein kleines Galerietheater. Barbara hat die Entscheidungen ihrer Kinder immer unterstützt.

„Ich wollte sie nie in mein Zirkusleben reinzwingen, ich wollte nur, dass sie glücklich sind.“ Als ihr Enkel­sohn etwa fünf ist, findet er Gefallen an Omas Zunft; er beginnt bei den Zirkusferiencamps – und so kehren auch Victoria und Mfilinge zum Zirkus zurück.

Entscheidungsjahr 2020.

Als ihr Arbeitgeber und sie sich zunehmend „auseinanderleben“, überlegt Barbara, einen Schlussstrich zu ziehen. „Aber unser Projekt war so wertvoll“, sagt Olivia, „es war unvorstellbar, dass wir es beenden“, ergänzt Victoria. Also beschließen die drei Frauen – mit Support von Mfilinge und Sohn Ben –, das Konzept woanders fortzuführen.

„Es war Pandemie – und ich hab’ ein Zirkuszelt gekauft und meine ersten unternehmerischen Schritte gemacht“, schüttelt Barbara den Kopf, als könnte sie es fünf erfolgreiche Jahre später noch immer nicht glauben.

Zunächst wird sie von Zeno Stanek ins Theater- und Feriendorf in Litschau eingeladen; ihr „Circusglück“, wie sie die Ferien- und Projektwochen fortan nennt, ist gut gebucht. Doch die Zirkusdirektorin verspürt bald Heimweh. „Das Zelt hinterm Haus, davon haben wir alle geträumt“ – und das Universum ist auf ihrer Seite. Besser gesagt: Der Bürgermeister, der schnell Gefallen am Projekt findet – und ihm in Nebersdorf zu einer neuen Heimat verhilft.

„Circusglück“-Palette.

Angeboten werden dort Projekttage und -wochen für Schulen und Kindergärten sowie Ferienwochen für Kinder und Jugendliche; genächtigt wird in echten Zirkuswägen. „Wir nehmen jedes Kind in seinen Bedürfnissen und in seiner Geschwindigkeit wahr“, beschreibt Barbara. „Das Wunder ist: Wenn du die Kinder frei lässt, finden sie genau die Elemente, die ihnen entsprechen. Wir gehen von der reinen Technikarbeit bald in den Choreografiemodus über, mit Fokus auf die Abschlussvorstellung.

Die Kinder haben dann ein Ziel, das verändert die Energie im Zirkuszelt.“ Vor der Show duftet es nach Popcorn, sie tragen Kostüme, ihre Familien kommen zum Zuschauen. „Wir wollen ihnen das Gefühl einer professionellen Vorstellung vermitteln“, beschreibt Victoria. „Es ist unglaublich, wie viel in wenigen Tagen gelingen kann, wie sehr sie über sich hinauswachsen können“, sagt Barbara Rosenberger.

Das „Circusglück“-Repertoire soll sukzessive erweitert werden. Szenische Lesungen und andere kulturelle Events sollen in naher Zukunft folgen.

Infos: www.circusglueck.at

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