Darm & Hirn
Warum es gilt, den Darm mit allen Mitteln gesund zu halten
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Manchmal können Patientinnen vor einem Termin kein Auge zutun. Da ist die Angst vor dem Schlauch und auch die Angst davor, dass etwas Schlimmes gefunden werden könnte. Umso schöner muss das Bild sein, wenn dann dieselben Menschen sich nach der Untersuchung gemütlich bei Kaffee und Keksen erholen.
„Die glücklichsten Patientinnen gehen bei meinem Mann raus, wenn sie die Gewissheit haben, dass alles in Ordnung ist“, sagt Karoline Horvatits, Internistin mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährungsmedizin.
Ihr Mann Thomas Horvatits ist Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie und Hepatologie; sein Fokus liegt auf der endoskopischen Abklärung von Magen- und Darmerkrankungen (z. B. Reizdarm) – bzw. auf Vorsorgeuntersuchungen. Das Ehepaar eröffnete kürzlich in Eisenstadt Gastromedics, ein Zentrum für Leber-, Magen- und Darmgesundheit.
Der Leidensdruck bei einem Reizdarm ist enorm. Frauen sind doppelt so oft betroffen.
Karoline Horvatits, Internistin
Die Ernsthaftigkeit von Sorgen und Beschwerden soll an dieser Stelle keinesfalls geschmälert werden; freilich ist leider nicht immer alles in Ordnung. Eine von vielen guten, im nachfolgenden Interview beschriebenen Nachrichten vorweg: Das Bewusstsein über den wichtigen Stellenwert von Magen- und Darmgesundheit befeuert auch den Fortschritt; der Großteil der Untersuchungen ist stress- und schmerzfrei möglich. „95 Prozent unserer Patient*innen kriegen eine sanfte Endoskopie, sie sind im Schlummerschlaf, aber gleich danach wieder komplett wach“, erklärt Thomas Horvatits.
Wieso Gastromedics in Eisenstadt, was führte Sie hierher?
Karoline Horvatits: Ich habe zunächst Ernährungsmedizin studiert und bald festgestellt, dass mich der medizinische Bereich am meisten interessiert. Ich habe auf Humanmedizin gewechselt und konnte gleich im Anschluss auf der Gastroenterologie im AKH Wien starten. Dort habe ich auch meinen Mann kennengelernt. Wir wollten aus wissenschaftlichen Gründen ein, zwei Jahre an der Universitätsklinik Hamburg arbeiten – daraus wurden neun Jahre, auch unsere Kinder sind dort geboren.
Thomas Horvatits: Ich bin Burgenländer und als wir beschlossen haben, dass wir wieder nach Österreich wollen, war klar, dass es Eisenstadt werden soll.
Wieso legen Sie einen Fokus auf den Darm?
Karoline Horvatits: Das Faszinierende ist: Der Darm ist für die Erhaltung der Gesundheit sehr wichtig, aber auch Ausgangspunkt für viele Krankheiten. Er ist essenziell für die Aufnahme von Spurenelementen, Vitaminen und Nährstoffen und bildet eine wichtige Barrierefunktion. 70 Prozent unserer Immunzellen sitzen im Darm. Die Redewendung „es schlägt einem etwas auf den Magen oder den Darm“ hat einen wichtigen Kern: Man weiß mittlerweile, wie wichtig die Interaktion zwischen Kopf und Darm ist; auf der Darm-Hirn-Achse gibt es Botenstoffe, die miteinander kommunizieren.
Ist uns das schon richtig bewusst?
Karoline Horvatits: Immer mehr. Tatsächlich ist das Thema Reizdarm einer der häufigsten Gründe für Konsultationen im gastroenterologischen Bereich; Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Lange hat man das abgetan, zum Glück ist diese Darmerkrankung heute anerkannt; es gibt klare Kriterien für die Diagnose. Man weiß mittlerweile, dass krankhafte Mechanismen die Darm-Hirn-Achse stören können. Symptome können Durchfall, Verstopfung, Schmerzen und Blähungen sein – und zwar über einen längeren Zeitraum. Wenn uns Patientinnen aufsuchen, ist ihre Lebensqualität oft massiv beeinträchtigt.
Thomas Horvatits: Es ist wichtig, organische Leiden auszuschließen. Es braucht zunächst das Gespräch sowie Blutabnahme, Ultraschall, Stuhlanalyse und gegebenenfalls auch eine endoskopische Untersuchung, hinter den Beschwerden könnten auch krankhafte Erreger oder chronische entzündliche Darmerkrankungen stecken. Karoline Horvatits: Wir bitten unsere Patientinnen, sich auch gynäkologisch untersuchen zu lassen, es könnte sich beispielsweise um Endometriose handeln. Wenn keine organischen Ursachen gefunden werden und wir die Diagnose Reizdarm stellen, wird personalisiert ein multimodales Therapiekonzept erstellt. Einerseits wird symptomatisch therapiert. Ergänzend sind Therapien zur Stressreduktion oder eine Darmhypnose sowie spezielle Diäten (FODMAP) anerkannte Maßnahmen. Der Leidensdruck bei Reizdarm kann enorm sein. Es geht so weit, dass Patientinnen bis zu 20 Durchfälle am Tag haben und sie nicht halten können. Oder umgekehrt nur einmal in zwei Wochen einen Stuhl haben.
Wann ist ein Darm gesund?
Karoline Horvatits: Wenn man regelmäßigen Stuhlgang hat – von bis zu drei Mal täglich bis hin zu einmal alle drei bis vier Tage – und sich gesund fühlt, genügt es, ab 40 Jahren am Vorsorgeprogramm teilzunehmen (dazu später, Anm.). Das Darmmikrobiom enthält Billionen von Mikroorganismen; positiv beeinflussen kann man es durch ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung: beispielsweise mit Körnern, Leinsamen, fermentierten Lebensmitteln wie Kimchi und Sauerkraut – und mit Joghurt.
Was halten Sie von veganer und vegetarischer Ernährung?
Karoline Horvatits: Bei Erwachsenen spricht nichts dagegen, wer sich vegan ernährt, muss nur wissen, dass Vitamin B12 ersetzt werden sollte. Empfehlenswert ist auch die pflanzenbasierte Kost, also eine vorwiegend pflanzliche Mischkost. Kindern empfehle ich vegane Kost nicht.
Was schadet dem Darm?
Karoline Horvatits: Hochverarbeitete Lebensmittel und zu viel Zucker, auch Fruchtzucker in Obst und Säften. Am gesündesten ist: selber kochen – ballaststoffreich und mit wenig Fleisch.
Welche Wirkung hat Alkohol auf den Darm?
Thomas Horvatits: Übermäßiger Alkoholkonsum hat auf den ganzen Körper nachteilige Effekte, vor allem aber für die Leber. Die sogenannte Fettleber kann, muss aber nicht Alkohol als Ursache haben. Auch Übergewicht kann dazu führen. Die Aufklärung ist wichtig: Jeder dritte Erwachsene leidet ab 50 an einer Fettleber.
Karoline Horvatits: In den USA ist die nichtalkoholische Fettleber mittlerweile der am stärksten zunehmende Grund für eine Lebertransplantation. Das korreliert mit der Adipositas-Kurve.
Thomas Horvatits: Den wenigsten ist bewusst, dass eine Leberzirrhose lebensbedrohlich werden kann. Es gibt aber Vorstufen, die reversibel sind; man kann das Ruder noch herumreißen. Das Heimtückische ist: Man spürt nichts, die Leber leidet still. Sind Leberwerte im Blutbild erhöht, gehört das fachärztlich mit Ultraschall abgeklärt; verantwortlich dafür können auch eine Stoffwechselerkrankung oder Hepatitis sein.
Dickdarmkrebs kann man durch vorbeugende Maßnahmen verhindern.
Thomas Horvatits, Internist
Zurück zu Magen und Darm: Wie gehen Sie vor, wenn man mit Beschwerden kommt?
Thomas Horvatits: Die Endoskopie ist nicht der erste Schritt. Wir beginnen mit der Anamnese: Wie lange bestehen die Beschwerden? Gibt es Alarmzeichen wie Blut im Stuhl oder Gewichtsverlust? Ein Standardschritt ist die Stuhlanalyse auf pathogene Keime wie etwa Salmonellen. Wenn hierbei nichts entdeckt wird, machen wir eine Darmspiegelung – und/oder eine Magenspiegelung, wenn es Reflux oder Gastritis sein könnte bzw. Magengeschwüre oder Zöliakie.
Stichwort Darmkrebsvorsorge: Wann ist was zu tun?
Thomas Horvatits: Dickdarmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung nach Lungenkarzinom und Brustkrebs. Die gute Nachricht: Es ist eine Erkrankung, die man früh erkennen und durch vorbeugende Maßnahmen verhindern kann. Man nimmt an, dass Krebs aus Polypen – das sind Wucherungen der Darmschleimhaut – über einen langen Zeitraum entstehen kann. Bei einer endoskopischen Darmspiegelung zur Vorsorge wird der Darm abgesucht und etwaige Polypen werden abgetragen.
Sie arbeiten dabei mit künstlicher Intelligenz (KI). Was bedeutet das?
Thomas Horvatits: Untersuchungen zeigen, dass gut 20 Prozent der Polypen übersehen werden. Das kann auch an der Sauberkeit des Darms liegen; deswegen sollte man bereits fünf Tage vor einer Darmspiegelung seine Ernährung anpassen und etwa faserhaltige und körnerhältige Lebensmittel weglassen. Die KI, die bei uns zum Einsatz kommt, ist wie ein weiteres Auge: Der Computer führt einen Abgleich mit hunderttausenden Bildern von Polypen durch und meldet krankhaft verändertes Gewebe.
Eine Besonderheit im Burgenland: der Test auf okkultes Blut. Alle bekommen ab dem 40. Lebensjahr ein Testkit nach Hause geschickt, die Stuhlprobe wird dann beim Hausarzt/bei der Hausärztin abgegeben. Ist der Test positiv, ist das die Indikation für eine Darmspiegelung. Davon abgesehen empfehlen wir eine Vorsorgekoloskopie ab dem 45. Lebensjahr. In den meisten Fällen reicht eine Wiederholung in zehn Jahren.
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Kontakt
Gastromedics – Zentrum für Leber-, Magen- und Darmgesundheit
Dr. Karoline und Priv. Doz. Dr. Thomas Horvatits sind Wahlärzt*innen
(mit Kassenverträgen im Rahmen des burgenländischen Vorsorgeprogramms).
Nähere Informationen dazu im Zentrum:
Ruster Straße 77, 7000 Eisenstadt
Tel.: 02682/62 726
E-Mail: praxis@gastromedics.at
www.gastromedics.at