
Demenzerkrankung – es braucht Aufklärung
Welche Anzeichen deuten auf eine Demenzerkrankung hin, kann es vererbt werden und was sind die größten Herausforderungen?
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Die Demenzkoordinatorin und Klinische Psychologin Katrin Kaiser von der Volkshilfe hat Antworten in Bezug auf Demenzerkrankungen für uns.
Was genau sind Ihre Aufgaben bzw. was macht die Volkshilfe in Sachen Demenz?
Katrin Kaiser: Seit 2008 begleiten, beraten und unterstützen wir mit dem Mobilen Demenzteam der Volkshilfe Burgenland Menschen mit Demenz und deren Angehörige. Ein zentrales Anliegen ist dabei, die Menschen nach der Diagnose nicht alleinzulassen: Wir entwickeln individuelle Behandlungsempfehlungen, stärken vorhandene Ressourcen und schauen gemeinsam, wie wir sowohl die Betroffenen als auch das Familiensystem bestmöglich unterstützen können – mit dem Ziel, den Verlauf der Erkrankung möglichst positiv zu beeinflussen.
Welche Anzeichen deuten früh auf eine Demenzerkrankung hin?
Die häufigste Form ist die Alzheimer-Demenz, sie macht etwa 60 bis 70 Prozent aller Demenzerkrankungen aus. Sie beginnt in der Regel schleichend, meist mit einer nachlassenden Merkfähigkeit. Betroffene stellen häufig dieselben Fragen, vergessen Termine oder verlegen Gegenstände.

Frühe Demenzerkrankungswarnzeichen sind auch:
- Orientierungsschwierigkeiten, besonders in ungewohnter Umgebung
- Probleme beim Planen oder Organisieren (z. B. beim Vereinbaren von Terminen)
- geistige Überforderung bei alltäglichen Tätigkeiten, die früher leichtfielen (z. B. ein vertrautes Rezept kochen)
- Wortfindungsstörungen
- sozialer Rückzug
- vermehrte Ängstlichkeit oder Unsicherheit
Diese Anzeichen bedeuten nicht automatisch eine Demenzerkrankung, sollten aber ernst genommen und fachlich abgeklärt werden.
Wenn es in der Familie Betroffene gibt – wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, selbst an Demenz zu erkranken?
Der größte Risikofaktor für Demenz ist das Alter. Zwar gibt es eine seltene genetische Form, die vererbt werden kann, doch diese macht weniger als ein Prozent aller Demenzerkrankungen aus. Das bedeutet: Auch wenn es in der Familie mehrere Fälle gibt, bedeutet das nicht automatisch ein stark erhöhtes Risiko.
Wichtig ist: Lebensstilfaktoren spielen eine große Rolle. Mit körperlicher und geistiger Aktivität, einer gesunden Ernährung und der Pflege sozialer Kontakte kann das persönliche Risiko, an Demenz zu erkranken, nachweislich gesenkt werden.
Was ist die größte Herausforderung im Zusammenhang mit an Demenz erkrankten Personen?
Menschen mit Demenz berichten oft, dass ihnen nicht mehr auf Augenhöhe begegnet wird oder ihnen ihre Glaubwürdigkeit abgesprochen wird. Noch immer ist Demenz stark stigmatisiert, deshalb braucht es mehr Aufklärung, Verständnis und Wissen in der Gesellschaft.
Für Angehörige besteht die größte Herausforderung häufig darin, die Veränderungen zu akzeptieren, die die Erkrankung mit sich bringt – emotional, praktisch und sozial.
Welche Herausforderung kommt diesbezüglich auf die Gesellschaft zu?
Prognosen zeigen, dass sich die Zahl der Menschen mit Demenz bis 2050 deutlich erhöhen wird. Damit sind wir als Gesellschaft – direkt oder indirekt – alle betroffen.
Aus meiner Sicht ist ein würdevolles Leben mit Demenz möglich, wenn die richtigen Umgebungsbedingungen für Menschen mit Demenz zur Verfügung stehen. Diese zu schaffen, wird die große Herausforderung der Zukunft.
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