Katharina Bedenik:Illustration zweier Frauen, die über Smartphones kommunizieren – eine hält einen Regenschirm über die andere als Symbol für Unterstützung

Katharina Bedenik: Wenn Zuhören Leben retten kann

Warum Hilfe manchmal nur einen Anruf entfernt ist.

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Katharina Bedenik, Obfrau des Fördervereins Telefonseelsorge Burgenland, spricht über wachsende psychische Belastungen, die Macht des Zuhörens – und warum Hilfe manchmal nur einen Anruf entfernt ist.

Zuhören, wenn andere keine Worte mehr finden – das ist die stille, aber kraftvolle Aufgabe der Telefonseelsorge. Katharina Bedenik engagiert sich seit Jahren mit Herz und Überzeugung für diese wichtige Einrichtung und ist zudem als Psychotherapeutin mit eigener Praxis in Zillingtal tätig. Im Gespräch erzählt sie, warum sie die Arbeit so berührt, welche Projekte Hoffnung spenden und weshalb offenes Reden über seelische Krisen längst überfällig ist.

Katharina Bedenik: Porträt einer Frau mit langen braunen Haaren in beigem Pullover vor hellem Hintergrund
Katharina Bedenik, Obfrau Förderverein Telefonseelsorge Burgenland © beigestellt

Was hat Dich persönlich bewegt, sich für die Telefon­seelsorge Burgenland zu engagieren – und schließlich auch die Rolle der Obfrau im Förderverein zu übernehmen?

Zur Telefonseelsorge Burgenland bin ich ursprünglich im Rahmen des Propädeutikums, also des ersten Abschnitts der psychotherapeutischen Ausbildung, gekommen. Eigentlich war es nur ein Pflichtpraktikum – doch die Arbeit hat mich von Anfang an tief berührt. Aus einem kurzen Einblick wurde rasch ein längerfristiges Mitwirken, weil ich die unmittelbare Bedeutung dieser Anlaufstelle erleben durfte. In dieser Zeit entstand ein enger Austausch mit der Leiterin Petra Lunzer, die schließlich mit der Idee eines Fördervereins an mich herangetreten ist. Die Rolle als Obfrau habe ich gerne übernommen, weil mir die Stärkung und Sichtbarmachung dieser wichtigen Einrichtung ein großes Anliegen ist.

Viele kennen die Telefonseelsorge, aber nicht den Förderverein. Welche Aufgaben hat dieser?

Die Telefonseelsorge ist eine niederschwellige Anlaufstelle für Menschen in Krisen – anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Der Förderverein versteht sich als Ergänzung: Wir wollen die Arbeit der Telefonseelsorge bekannter machen, zusätzliche Unterstützung ermöglichen und Räume schaffen, in denen über psychische Gesundheit gesprochen werden kann. Dazu organisieren wir Veranstaltungen, bringen Betroffene, Angehörige und Fachpersonen in den Austausch und tragen dazu bei, Hemmschwellen abzubauen. So leisten wir einen Beitrag zur Ent­stigma­tisierung psychischer Erkrankungen und zur Sichtbarkeit des Angebots.

Mit welchen Projekten setzt Du aktuell ein Zeichen?

Ein zentrales Projekt sind unsere Mental Health Talks. Sie finden jeden ersten Montag im Monat in Eisenstadt statt und greifen Themen auf, die viele Menschen bewegen – von den Belastungen rund um Weihnachten bis zur Frage der psychischen Versorgung im Burgenland oder zum gesellschaftlich sensiblen Thema des assistierten Suizids. Damit wollen wir psychische Gesundheit stärker ins Bewusstsein rücken und Austausch fördern. Ziel ist es, psychische Themen aus der Tabuzone zu holen und in der Mitte der Gesellschaft zu verankern.

Psychische Belastungen nehmen zu. Wie zeigt sich das in der Telefonseelsorge?

Zweifelsohne spüren wir, dass die psychischen Belastungen zunehmen. Zeitdruck, Überforderung, fehlende Wertschätzung und Angst vor Arbeitsplatzverlust sind nur einige Faktoren. Auch die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen. Hinzu kommen Einsamkeit und soziale Isolation, die zu den großen Herausforderungen unserer Zeit zählen. Für viele Menschen ist der Griff zum Telefon der letzte Strohhalm, manchmal in lebensbedrohlichen Situationen. Aber auch in weniger kritischen Momenten kann ein Gespräch große Erleichterung bringen – allein das Gefühl, gehört und verstanden zu werden, wirkt oft entlastend.

Warum ist ein anonymes, niederschwelliges Angebot wie dieses so wichtig?

In Krisenmomenten zählt oft jede Minute. Viele Menschen zögern, über ihre Probleme zu sprechen – aus Angst vor Stigmatisierung oder weil sie nicht wissen, wohin sie sich wenden können. Die Telefonseelsorge senkt diese Hemmschwelle: Ein Anruf genügt, um jemanden zu erreichen, der wirklich zuhört – ein echter Mensch und keine KI. Für manche ist dieser erste Kontakt lebensrettend und kann den Weg zu weiterführender Hilfe eröffnen.

Was wünscht Du dir von der Gesellschaft im Umgang mit Themen wie Einsamkeit, Depression oder Krisen?

Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit, Offenheit und weniger Scheu. Einsamkeit, Depression oder Krisen gehören zum Leben, doch sie werden noch immer tabuisiert. Wichtig wäre, dass wir lernen, wirklich zuzuhören, statt vorschnell zu urteilen – und Räume schaffen, in denen ehrliche Gespräche möglich sind. So kann Scham abnehmen, und Betroffene finden eher den Mut, Hilfe anzunehmen. Psychische Gesundheit sollte genauso selbstverständlich Thema sein wie körperliche Gesundheit.

Was gibt Dir persönlich Kraft und Balance, wenn Du mit so ernsten Themen zu tun hast?

Für meine eigene Balance sind Ausgleich und Selbstfürsorge wesentlich. Ich finde Kraft in der Natur, in Bewegung und in der Zeit mit meinem Hund, aber auch in Begegnungen mit Menschen, die mir wichtig sind. Ich achte darauf, kleine Momente bewusst zu genießen und Pausen ernst zu nehmen. Ebenso stärkend ist für mich die therapeutische Haltung selbst: den Blick nicht nur auf Belastungen, sondern auch auf Ressourcen und Stärken zu richten. Das erinnert mich immer wieder daran, dass auch in schwierigen Situationen Hoffnung und Entwicklung möglich sind.

www.förderverein-ts-burgenland.at

www.telefonseelsorge.at

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