Liszt Zentrum Raiding – der Popstar und sein Team
Franz Liszts facettenreiches Festival. Ein Blick hinter die Kulissen.
Das Team vom Liszt Zentrum in Raiding © Viktor Fertsak
Ein ausverkaufter Saal, ein vibrierendes Jubiläumsprogramm und Standing Ovations: Das KlavierDuo Kutrowatz begann den Sommer mit einem fulminanten Konzert zu seinem 40-jährigen Bestehen. Zahlreiche Auftritte auf der ganzen Welt mit unvergesslichen Anekdoten und Begegnungen säumen den Weg der Brüder, die mit unbändiger Energie und Euphorie Franz Liszt feiern. Im Rampenlicht fühlen sich Eduard und Johannes Kutrowatz zu Hause, und doch war es diesmal ihr persönliches Anliegen, anderen die Bühne zu überlassen: jenem Team, ohne das ihre Liszt Festivals, deren Intendanten sie seit 15 Jahren sind, schlicht nicht stattfinden könnten.
Liszt Gut verpackt
Wir statten dem Liszt Zentrum also ausnahmsweise an einem Tag einen Besuch ab, an dem den Konzertsaal keine Musik erfüllt. Vielmehr durchbrechen die sonst idyllische Stille in Raiding an diesem Vormittag Bohren und Hämmern. An jenem Ort, an dem der „Gigant“, wie Johannes Kutrowatz gerne den Komponisten nennt, geboren wurde, wird auf Hochtouren erweitert und renoviert. „Mit der Neueröffnung im Frühjahr 2025 möchten wir noch mehr und auch viel junges Publikum bei uns willkommen heißen“, sagt die Standortleiterin Andrea Mandl. Das Haus ist aktuell eingerüstet, innerhalb der Verpackung herrscht reger Betrieb; im Oktober steht das nächste Liszt Festival an.
Die Kobersdorfer Schloss-Spiele, mit denen das Liszt Zentrum Raiding sozusagen einige Mitarbeiter*innen teilt, sind gerade erfolgreich abgespielt. „Jetzt bringen wir hier wieder alles auf Hochglanz“, sagt Andrea Varga und wischt behutsam über eine hauchzarte Staubschicht am Klavier im „Blauen Salon“. Sie und ihre Kollegin sind nicht nur für die Sauberkeit zuständig, „wir richten für die Künstler*innen und das Publikum alles her, unterstützen, wo wir können, und empfangen die Gäste auch abends in unserer Uniform“, führt Adrienn Szabó aus. „Unser Team hier ist sehr familiär, es werden unter den Mitarbeiter*innen auch keine Unterschiede gemacht“, ergänzt Andrea Varga.
Seit Jahren arbeiten sie für die Kultur Betriebe Burgenland (KBB), ihren aktuellen Standort, die Arbeit am Liszt Zentrum Raiding, mögen die beiden sehr gerne. „Es kann hier nie langweilig werden. Jedes Konzert, jede*r Pianist*in ist anders. Mal kommen Orchester, mal einzelne Künstler*innen, und selbst das Publikum variiert sehr“, beschreibt Andrea Varga. „Bei der Arbeit von so viel Musik umgeben zu sein, ist schon angenehm“, findet Adrienn Szabó. Wenn der Applaus dann spätabends verstummt, krempelt das Duo zumeist noch einmal die Ärmel hoch, geht es doch während eines Festivals am nächsten Morgen gleich weiter. „Das wird auch wertgeschätzt“, sagt Andrea Varga. „Wenn Edi und Johannes gehen, winken sie noch mal rein und bedanken sich.“ Der Geist des Komponisten weht übrigens mittlerweile durch ihre halbe Familie, verrät sie lachend: „Mein Sohn ist Touristiker und arbeitet im ,Liszt Ferenc Kulturcentrum‘ in Sopron.“
Das Liszt-Zentrum aus der Vogelperspektive
Jessica Stammer genießt während der Konzerte einen Panoramablick über den rund 600 Sitzplätze fassenden Saal; ihr Arbeitsplatz befindet sich auf der Galerie und sie ist – gemeinsam mit ihrem Kollegen Günther Bernhardt – hauptsächlich für die Ton- und Medientechnik zuständig. Techno, Goa und Co. hört die 24-jährige Großwarasdorferin in ihrer Freizeit, sie findet es super, wie ihre Arbeit im Liszt Zentrum ihren Horizont erweiterte. „Wenn alles gut läuft, höre ich bewusst zu – und genieße.“ So fesselte sie zuletzt die Wiener Akademie „mit ihrer intensiven Energie“, auch Allegro Vivo und die Pianistin Claire Huangci beeindruckten sie sehr.
Dass sich zu Jessica Stammers Fachbereich – sie absolvierte Audio Engineering am SAE Institute Wien – auch Haustechnik im weitesten Sinne hinzugesellt, stört sie nicht. „Im Gegenteil: Ich bin auch gerne im Garten, mähe den Rasen oder reche das Laub.“ Und die nicht gerade „klassischen“ Dienstzeiten? „Ich arbeite sehr gerne abends“, zuckt sie leger mit den Achseln. „Kultur findet nun mal nicht von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr statt, da wären wir nicht erfolgreich“, lacht Standortleiterin Andrea Mandl, die seit bald drei Jahrzehnten in der Branche arbeitet – und diese liebt. Kultur erfüllt auch ihren Urlaub, für den Feinschliff dieser Zeilen erwischen wir sie knapp vor einer „Jedermann“-Aufführung in Salzburg.
Im Liszt Zentrum ist Andrea Mandl praktisch bei jedem Konzertabend dabei, in den Genuss, der Musik uneingeschränkt zu lauschen, kommt sie aber selten, „weil bei vollem Haus während des Programms immer noch etwas zu erledigen ist“. Das liege aber selten an den auftretenden Gästen, betont sie, „ich habe an anderen Orten durchaus unvergessliche Spezialwünsche erlebt, die Künstler*innen der Klassikszene sind sehr nett und zumeist eher bescheiden“. Dass sie ihren Job so gerne mag, hängt auch für sie mit der Tatsache zusammen, dass das Team so herzlich und familiär miteinander verbunden ist und sich stets alle für alles zuständig fühlen.
Vielfalt im Liszt-Zentrum
Der Produktionsleiter und der Mann für ungarische Kontakte ist József Gátas. Im Vorjahr wechselte der studierte Historiker nach Raiding. „Keine zwei Tage gleichen hier einander, das mag ich sehr“, sagt er. Unter anderem organisiert er, was die zum Teil weitgereisten Künstler*innen vor Ort brauchen: von der Übernachtung bis hin zum technischen Equipment. Dabei feiert er die Offenheit für die musikalische Vielfalt, die von Klassik bis Jazz reicht, mit der das Duo Kutrowatz programmiert. „So erlebe ich an einem Abend unsere tolle Artist in Residence, die facettenreiche Pianistin Kateryna Titova, und an einem anderen ,Die Divinerinnen‘ (Wiener Musik, Anm.).“
Eine besondere Bedeutung hat für ihn der Ort, an dem er arbeitet, und wo das moderne Veranstaltungsgebäude mit dem historischen Geburtshaus zu einem stimmigen Gesamtbild veschmilzt. „Hier wurde der erste Popstar der Welt geboren“, will József Gátas betont wissen.Über Raidings Magie scheinen sich alle einig: „Ich habe vom ersten Tag an so eine Begeisterung dafür entwickelt, was Edi und Johannes und all die Künstler*innen hier tun. Ich bin jedes Mal aufs Neue geflasht“, sagt Stefanie Schöll, verantwortlich für Marketing und Kommunikation. Dabei werde nicht allein Liszts Musik zelebriert, „sondern auch seine Weltanschauung, nämlich nicht nur selbst im Rampenlicht stehen zu wollen, sondern auch andere zu präsentieren“, beschreibt Elisabeth Wagner, die unter anderem via Social Media die Werbetrommel für die Festivals rührt.
„Ein gutes Beispiel sind all die jungen aufstrebenden Pianistinnen, die die Brüder Kutrowatz nach Raiding bringen, seien es Saskia Giorgini oder wie im Oktober Sophie und Ania Druml.“Manchmal, das gibt das Team auch schmunzelnd zu, fällt es gar nicht leicht, mit dem Enthusiasmus des Intendantenduos Schritt zu halten. Eben das sei aber gleichsam der Schlüssel zum Erfolg und für das gute Zusammenwirken in vielen Bereichen, ist Stefanie Schöll überzeugt: „Edi und Johannes Kutrowatz leben das Thema, sie haben Franz Liszt quasi in ihrer DNA, und können die Liebe für die Musik so intensiv transportieren, dass dadurch ein richtiger Drive im Team entsteht.“
Das nächste Liszt Festival Raiding
- 11. Oktober, 18.30 Uhr: Eröffnungskonzert „Liszt und Haydn“ mit Artist in Residence Kateryna Titova und Wiener KammerOrchester unter der Leitung von Jan Willem de Vriend
- 12. Oktober, 11 Uhr: „Teufelsgeiger: Niccolò Paganini“, Paganini Ensemble Wien; 18.30 Uhr: „Liszt pur“, Klavierabend Saskia Giorgini
- 13. Oktober, 11 Uhr: „Best of“ Philharmonix
- 18. Oktober, 18.30 Uhr: „Liszt pur x 2“, Klavierabend Ania & Sophie Druml
- 19. Oktober, 11 Uhr: „K. u K. Rhapsody“, Philharmonic Five; 18.30 Uhr: „Zwischen Himmel und Erde“ – Anton Bruckner zum 200. Geburtstag, Wiener Kammerchor und Schauspieler Cornelius Obonya
- 20. Oktober, 11 Uhr: „Musik und Poesie. Liszt, Goethe und Schiller“, Orchester Wiener Akademie unter der Leitung von Martin Haselböck
VORSCHAU DEZEMBER
• 7. Dezember, 14 und 17 Uhr: Family Concerts: „Das Kaisers Nachtigall“