Meister des Minimalismus

Meister des Minimalismus

3 Min.

© Viktor Fertsak

Ein Autor, der sich über die Literaturwelt manchmal ärgert, sich gerne auf das Wesentliche beschränkt und zeigt, dass auch introvertierte Menschen öffentlich Erfolg haben können: Bernhard Strobel.

Das Kurze hat ihn immer schon fasziniert. Die Essenz einer Geschichte auf ein paar Seiten zu Papier zu bringen. Seine Kurzgeschichten sind von der Art, die man mehrmals liest und jedes Mal etwas Neues darin entdeckt. Bernhard Strobel ist ein Meister des Minimalismus. Er befasst sich unter anderem mit den Themen Kleinfamilie, versteckte Aggressionen, Alter, Tod oder Kommunikationsstörungen und zeigt Risse in vermeintlich heilen Welten auf. Dabei fallen ihm zuerst die Charaktere und Situationen ein, diese spitzen sich in seinen Gedanken zu sehr pointierten Figuren zu, bevor er sie dann in Handlungsstränge einbaut. Dabei kommt er gleich zur Sache. „Wenn ich ein Buch lese, weiß ich bereits auf der zweiten Seite, ob es mir was bringt, ob es mich catcht oder nicht.“ Dabei liest er privat auch Bücher mit 800 Seiten, weiß aber, dass diese genauso gut auf acht Seiten erzählt werden können.

Irgendwann wird es wieder interessant werden, nicht alles über eine Person im Netz
zu finden.

Bernhard Strobel, Autor und Übersetzer

Fruchtbarer Boden

Für ­Strobel ist der Weg das Ziel. Das Ende einer Geschichte sei nicht so wichtig, der Weg dorthin wird von ihm in den Mittelpunkt gerückt. Und dabei geht der Autor perfektionistisch vor. „Es gab Phasen, in denen hatte ich wirklich Schwierigkeiten, das so zu Papier zu bringen, wie ich es für gut erachte. Da brauchte ich für 80 Seiten ewig, weil ich alles oft umschreibe und überarbeite. Mittlerweile habe ich etwas Routine entwickelt.“ Seine zweite Leidenschaft gilt dem Übersetzen – vom Norwegischen ins Deutsche. In der Schule war Deutsch nicht gerade sein Lieblingsfach. Auf den Geschmack brachte ihn seine Oma, die immer Anlassgedichte geschrieben hatte. „Ich habe mit 16 oder 17 selbst begonnen, Gedichte zu schreiben. Die waren fürchterlich. Wenn die heute jemand findet, verstecke ich mich irgendwo“, lacht der 41-Jährige. „Ich habe auch Romane probiert, bin aber am Anfang sehr oft gescheitert.“
Bei seiner anderen Oma verbrachte er seine Kindheit und pendelte jedes Wochenende und in den Ferien immer von Wien nach Zurndorf. Bis er mit seinen Eltern im Alter von 15 Jahren nach Zurndorf übersiedelte. Die Oberstufe besuchte er im Gymnasium in Neusiedl am See, wo „der künstlerische Boden ein sehr fruchtbarer war“, wie er sagt.

KURZ & KNACKIG. Bernhard Strobel bringt auf wenigen Seiten das Wesentliche zu Papier. © Viktor Fertsak

Zur Person

  • Geb. 14. März 1982
  • Aufgewachsen in Wien und Zurndorf, lebt heute in Neusiedl am See
  • Arbeitet seit 2009 als Autor und Übersetzer aus dem Norwegischen
  • Auszüge aus den insgesamt 18
  • Auszeichnungen und Stipendien:
    • 2020: Staatspreis für literarische Übersetzung
    • 2019: Outstanding Artist Award
    • 2017: Literaturstipendium Burgenland
    • 2016: Theodor-Kery-Preis
    • 2014: Förderpreis der Stadt Wien


Geschichten aus der Hienzey.
Ein Abriss über burgenländische Abgründe und Lebensgeschichten. Sehr lesenswert! © lex lizt


Publikationen

  • 2022: „Geschichten aus der Hienzey“ (Edition lex liszt 12)
  • 2021: „Nach den Gespenstern“ Erzählungen (Droschl)
  • 2018: „Im Vorgarten der Palme“ Roman (Droschl)
  • 2015: „Ein dünner Faden“ Erzählungen (Droschl)
  • 2010: „Nichts, nichts“ Erzählungen (Droschl)
  • 2007: „Sackgasse“ Erzählungen (Droschl)

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