Vom Kinderwunsch zum Wunschkind
Wir sprechen mit zwei Koryphäen des Instituts Kinderwunsch Burgenland in der Klinik Oberpullendorf.
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Die reproduktive Medizin hilft all jenen, die der Kinderwunsch vor große Herausforderungen stellt.
Die Frage nach der Familiengründung ist eine der fundamentalsten Entscheidungen im Leben vieler Menschen. Während einige Paare problemlos Kinder bekommen können, stehen andere vor Herausforderungen. Hier bietet die reproduktive Medizin wertvolle Unterstützung und eröffnet Paaren und Einzelpersonen neue Wege zum Wunschkind. Sie umfasst eine Vielzahl von Methoden und Techniken zur Unterstützung der Fortpflanzung. Diese reichen von medikamentösen Behandlungen zur Förderung der Fruchtbarkeit bis hin zu fortschrittlichen Technologien wie der In-vitro-Fertilisation (IVF).
Seit rund einem Jahr ist im Institut Kinderwunsch Burgenland ein weiterer Experte des Fachgebiets der reproduktiven Medizin tätig: Dr. Kazem Nouri ist gebürtiger Perser, der sich während und nach seiner Ausbildung in Wien und Kärnten auf Kinderwunsch-Behandlungen spezialisierte und nun im Burgenland seine Bestimmung gefunden hat. Oberarzt Dr. Peter Bauer ist stolz auf den vielversprechenden, international anerkannten Neuzugang.
Wie kam es dazu, dass Sie nach Ihren Stationen in Wien und Kärnten nun im Burgenland gelandet sind?
Prof. Dr. Kazem Nouri: Mich hat der Satz des Landeshauptmanns, obwohl ich ihn noch nicht persönlich kenne, sehr berührt. Er sagte: Jede Burgenländerin hat das Recht auf eine IVF, die von öffentlicher Hand mitfinanziert wird. Deswegen wurde das IVF-Zentrum hier in Oberpullendorf ausgebaut. Und es hat mich gereizt, bei etwas dabei zu sein, das erweitert und ausgebaut wird – hier kann ich meine Kernexpertise vollumfänglich einfließen lassen.
Was ist der Vorteil, in einer öffentlichen Einrichtung wie dem Institut Kinderwunsch Burgenland den Weg zum Wunschkind zu gehen?
Oberarzt Dr. Peter Bauer: Wir haben Möglichkeiten, die es oft in einem privaten Setting nicht gibt. Zum Beispiel können bei uns auch Operationen durchgeführt werden. Wir bieten von der Beratung über die Therapie und Behandlung alles an. Bei Komplikationen können wir stets operativ eingreifen. Und am Ende kann das Kind auch hier im Haus zur Welt kommen. Die Geburtenstation im Krankenhaus Oberpullendorf hat einen ausgezeichneten Ruf über die Landesgrenzen hinaus.
Welche Neuerungen gibt es am Institut Kinderwunsch Burgenland und was haben Sie in Zukunft noch vor?
Nouri: Im Labor haben wir vieles verändert, ebenso bei den Räumlichkeiten – am 22. Juli wird die neue Ambulanz eröffnet. Weiters legen wir besonderes Augenmerk auf fertilitätserhaltende Maßnahmen bei Karzinom- oder Endometriosepatientinnen. Das heißt, wenn eine junge Frau noch keine Kinder hat, aber z. B. an Krebs erkrankt, können Chemo und Strahlentherapie die Eierstöcke beschädigen.
Deshalb klären wir über die Möglichkeit auf, vorher Eizellen entnehmen und diese einfrieren zu lassen. Mir ist es ein großes Anliegen, junge Frauen, die an einer Krankheit leiden, darauf aufmerksam zu machen. Eine Zukunftsvision ist auch, hier in Oberpullendorf eine Samen- und Eizellenbank anzubieten.
Was sind die häufigsten Ursachen, wenn Paare kinderlos bleiben bzw. es nicht auf Anhieb klappt, schwanger zu werden?
Bauer: Es sind oft kombinierte Ursachen. Meist ist die Spermienqualität etwas eingeschränkt, in Kombination mit dem höheren Alter der Frau. Bei Frauen ab 35 zählen oft auch organische Veränderungen zu den Ursachen. Diese können teils operativ behandelt werden oder es wird eine künstliche Befruchtung versucht. Man muss dazu sagen: Das Alter ist der wichtigste Erfolgsfaktor bei der künstlichen Befruchtung.
Nouri: Auch ein gesunder Lebensstil ist bei einem Kinderwunsch sehr wichtig, das zeigt die Wissenschaft eindeutig. Rauchen schränkt sowohl bei Männern als auch bei Frauen die Fruchtbarkeit ein, ebenso wie Übergewicht. Körperliche regelmäßige Bewegung fördert die Fertilität, Leistungssport hingegen eher nicht. Wir beobachten insgesamt eine Verschlechterung der Samenzellen in den letzten 20 bis 30 Jahren, was vermutlich auf eine Veränderung des allgemeinen Lebensstils zurückzuführen ist: schlechtere Ernährung, mehr Stress, mehr Alkohol.
Wie viele Paare versuchen in Österreich, mittels IVF schwanger zu werden, und was kostet die Behandlung?
Bauer: Die letzten detaillierten Zahlen des IVF-Fonds sind aus dem Jahr 2022, da wurden in den 32 österreichischen IVF-Zentren knapp 12.400 IVF-Versuche an rund 7.600 Paaren durchgeführt. Die Schwangerschaftsrate beträgt ca. 35 %. Die meisten Frauen sind in der Altersgruppe 31 bis 35 Jahre, gefolgt von den 36- bis 40-Jährigen, und rund jede fünfte Frau ist zwischen 26 und 30 Jahre, nur 4 % sind unter 26 Jahre alt. Nicht in dieser Statistik angeführt sind Paare, die den Kriterien des IVF-Fonds nicht entsprechen und somit die finanzielle Hilfe nicht in Anspruch nehmen können (Frauen über 40, Männer über 50).
Nouri: In Österreich können wir uns glücklich schätzen, seit dem Jahr 2000 den IVF-Fonds zu haben, der zwei Drittel der Kosten übernimmt. Der Selbstbehalt liegt somit bei 1.000 bis 1.500 Euro pro Versuch. Vier Versuche werden vom Fonds bezahlt.
Alle Infos über das Institut Kinderwunsch Burgenland finden Sie unter www.kinderwunsch-burgenland.at