„Du schaffst das!“ Diagnose Brustkrebs mit 31
Daraufhin ließ Sandra Larnhof Eizellen einfrieren, um später Kinder bekommen zu können, und kämpfte sich danach durch die Krebserkrankung.
Sandra Larnhof © Birgit Machtinger
Keine genetische Brustkrebs-Vorbelastung in der Familie, ein gesunder Lebensstil, viele soziale Kontakte, ein Vollzeitjob, glücklich verheiratet und erst unlängst umgezogen in ein neues Zuhause in Oberpullendorf:
Die gebürtige Tschurndorferin Sandra Larnhof führte ein erfülltes Leben. Einziger Wermutstropfen war ihre MS-Erkrankung. Doch die Multiple Sklerose und die damit einhergehenden Symptome hatte die 31-Jährige sehr gut im Griff. Dann kam eines Tages das Ziehen in der Brust. Zuerst dachte sie an einen Muskelkater vom Yoga. Einige Wochen später folgten die ersten Untersuchungen, Ultraschall und Mammografie. Eine Brustkrebserkrankung war für sie so weit weg wie die Erde von der Sonne. Selbst abgetastet hat sie nie.
Du bekamst deine Brustkrebs-Diagnose im Jänner 2024. Wie hast du diesen Moment erlebt?
Sandra Larnhof: Ich war komplett verkrampft und dachte mir: Was passiert da gerade? Ich bin viel zu jung für Brustkrebs. Sofort tobten die Fragen in meinem Kopf: Was habe ich falsch gemacht? Hätte ich mehr Sport machen, mich besser ernähren sollen? Ich tastete mich nie ab, weil ich dachte, als Laie würde ich sowieso nichts erkennen. Das war falsch.
Bei der Diagnose war der Tumor schon fast 4 cm groß, beim regelmäßigen Abtasten hätte ich ihn wahrscheinlich schon vorher gespürt. Die Ärzt*innen waren sehr einfühlsam und haben mir die Schuldfrage abgenommen. Es gibt keinen bestimmten Grund, niemand ist Schuld. Die Zelle hat sich verändert und daraus entstand der Krebs. Aber das habe ich lange und oft hören müssen, bis ich annehmen konnte, dass ich nicht selbst Schuld daran bin.
Nach der Brustkrebs-Diagnose, parallel zu den weiteren Tests, hast du eine Eizellentnahme vornehmen lassen. Wie lief das ab?
Meine Schwester brachte mich auf die Idee. Ich war so mit dem Krebs beschäftigt und dachte überhaupt nicht daran, dass die Chemo die Fruchtbarkeit beeinflusst. Nach dem Erstgespräch im Institut Kinderwunsch Burgenland in der Klinik Oberpullendorf begann die hormonelle Behandlung (Spritzen zum Daheim-selbst-Injizieren) und rund drei Wochen später wurden die Eizellen entnommen.
Durch die Narkose spürte ich nichts. Nun sind elf Eizellen eingefroren, ein Teil davon wurde bereits befruchtet eingefroren. Falls mein Mann und ich uns trennen, können die befruchteten nicht bestehen bleiben, das ist gesetzlich geregelt. Aber in diesem Fall hätte ich noch die unbefruchteten Eizellen. Jetzt bin ich im künstlichen Wechsel, weil die Chance dadurch höher ist, dass die Chemo die Eierstöcke nicht angreift. Wenn die Therapie vorbei ist und wir einen Kinderwunsch haben, können wir es also zuerst auf natürlichem Weg probieren.
Im Anschluss an die Eizellentnahme begann die Chemotherapie: acht Mal im Drei-Wochen-Zyklus. Welche Symptome hattest du?
Die Übelkeit verging immer wenige Tage nach der Chemo. Am schlimmsten waren aber die Schmerzen, vor allem die im Mundraum. Auch die Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich machten mir sehr zu schaffen. Die Beine waren müde und kraftlos. In den Fingerspitzen und Zehen hatte ich ein Kribbeln sowie Taubheit. Eine Zeit lang fühlte ich dadurch eine Unsicherheit beim Gehen.
Die Augen tränten sehr viel, vor allem morgens. Das Zahnfleisch ging stark zurück, beim Zähneputzen war alles blutig. Zum Essen musste ich mich oft überwinden, weil es schmerzhaft war und mir nichts geschmeckt hat. Die bleierne Müdigkeit hat den Alltag insgesamt sehr eingeschränkt. Meinem Körper wurde viel abverlangt. Dabei geholfen, mit den Symptomen besser zurecht zu kommen, hat mir die ganzheitliche Medizinerin Claudia Mainau in Stegersbach, die mir aufgrund ihrer eigenen Krebserfahrungen sehr gut helfen konnte, z. B. mit Vitamininfusionen und anderen Therapien zur Unterstützung des Zellstoffwechsels.
Wie bist du mit dem Haarausfall umgegangen?
Die Haare begannen nach der zweiten Chemo auszufallen. Meine Schwester und meine Cousine rasierten sie mir dann ab und gleichzeitig rasierte sich meine Cousine auch den Kopf. Wir machten daraus eine Zeremonie, das hat mir geholfen. Die Augenbrauen und Wimpern fielen erst nach der sechsten Chemo aus, das war noch mal sehr hart. Ich habe zwar eine Perücke, aber ich mag sie nicht besonders, weil sie für mich nicht richtig bequem ist. Ich bin es gewohnt, die Haare zu einem Zopf zu binden, das funktioniert mit Perücke nicht so gut. Am Anfang nahm ich Stirnbänder, aber irgendwann trug ich dann einfach die Glatze zur Schau und dazu immer besondere Ohrringe.
Ich tastete mich nie ab, weil ich dachte, als Laie würde ich sowieso nichts erkennen.
Sandra Larnhof
Das war falsch.
Was hat dir noch geholfen in dieser schweren Zeit?
Meine Familie, meine Freunde und ich, wir bemühten uns immer um viele Lichtmomente. Durch gemeinsame Unternehmungen, Kaffeerunden, Essengehen etc. Gerade gegen Ende der Chemotherapien holten wir noch Glitzer, Regenbögen, Einhörner und Magie dazu. Wo der Weg schon so anstrengend war, gestalteten wir ihn bunter. Wir verschönerten mit Sticker die Infusionsbeutel, beklebten die Spritzen mit Herzen, Blumen und Regenbögen. Das war lustig, heiterte den Weg auf und mit etwas Glitzer gab es wieder mehr Schwung. Zu Hause gestaltete ich den Wohnraum noch mehr mit kraftgebenden, aufheiternden Sprüchen und Buntem, um die Situation leichter zu ertragen. Auch die täglichen Spaziergänge waren sehr wichtig für mich.
Mein Mann war mein starker Felsen, er war meine stabile Komponente. Auch dafür bin ich sehr dankbar. Ein besonderer Dank geht auch an die Burgenländische Krebshilfe, die mir bei allen Fragen und Organisationsprozessen zur Seite stand. Auch der Vormittag bei feel again, wo wir gelernt haben, uns zu schminken, war sehr schön, dort habe ich mich sehr wohlgefühlt.
Gibt es etwas, was du aus den letzten Monaten gelernt hast? Was möchtest du anderen Brustkrebs-Betroffenen mit auf den Weg geben?
So viele haben am Anfang zu mir gesagt: Du wirst sehen, du gehst da viel stärker raus, als du reingegangen bist, und du kannst so viel lernen. Aber ich war grantig und hab gesagt, um etwas zu lernen, brauche ich diesen Scheiß-Krebs aber nicht. Doch es stimmte. Ich habe sehr viel gelernt, wofür ich jetzt auch Dankbarkeit empfinden kann. In Zukunft möchte ich meinen Alltag so gestalten, dass Slow Living mehr Raum bekommt. Ich habe die Zeit mit mir selbst und die Ruhe viel mehr zu schätzen gelernt. Und anderen, die diesen Weg gerade bestreiten oder noch vor sich haben, kann ich raten: Vergiss nie, was du schon geschafft hast. Immer wenn ich dachte, ich kann nicht mehr, habe ich mir das vor Augen gehalten: Das Ziel nicht vergessen, den Weg nicht verlassen, den Mut nicht verlieren. Sandra, du schaffst das! Du gehst da durch und wirst die Kraft haben!
Bei der Krebshilfe Burgenland bekommen Betroffene sofort Hilfe und Informationen:
Vormittage zum Wohlfühlen für Betroffene gestalten Catharina Flieger und Birgit Machtinger:
Alles rund um die Vorsorge:
Alles zum Thema Eizellentnahme und Kinderwunsch:
www.kinderwunsch-burgenland.at
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