Paul Csitkovics: Schwarz-weiß-Foto: Mann in schwarzem T-Shirt und schwarzer Hose fasst sich mit einer Hand auf den Kopf und beugt sich nach hinten

Paul Csitkovics: Kein Prinz, ein Pudel

Paul Csitkovics spielt Dragqueens, schreibt Musicals über die Verfolgung Homosexueller – und ist trotzdem oft der Prinz auf der Bühne.

6 Min.

Pauli Csitkovics © Butz & Reinecke

Wir treffen uns dort, wo für Paul Csitkovics alles begann: in seinem Elternhaus in Oberpullendorf.

Der Empfang ist herzlich und dass im Haus gerade renoviert wird, erwähnt „Pauli“, er mag den Spitznamen, mit einem Lächeln nebenbei. Seine Alltags-Base hat er zwar in Wien, doch er kommt so oft wie möglich in seine Heimat ins Mittelburgenland. In gemütlichem Outfit und mit schelmischem Grinsen spricht der 30-Jährige über seine Rollen auf der Bühne, seine Rolle im Leben – und warum er lieber ein schwarzer Pudel als ein Musical-Prinz ist.

Pauli, du hast bereits große Rollen gespielt, warst Romeo in Berlin, standest bis vor Kurzem als Dragqueen in „Ein Käfig voller Narren“ auf der Bühne. Was reizt dich an diesen Figuren?

Paul Csitkovics: Ich liebe Rollen, die nicht glatt sind, ich möchte Rollen spielen, die meine Generation interessieren. Ich will Geschichten, die Ecken haben, Reibung erzeugen. Die Rolle als Dragqueen war ein Geschenk – ich kenne viele Leute aus der Szene, und da ein bisschen reinschnuppern zu dürfen, war spannend und schön. Ich finde: Kunst muss das Leben imitieren, nicht sich selbst. Und das Leben ist divers.

Diversität ist dir wichtig – auch persönlich. Du identifizierst dich als pan­sexuell. Wie gehst du mit Zuschreibungen um?

Ich habe mich nie gefragt, was ich „bin“. Ich verliebe mich in Menschen. Punkt. Als Teenager hatte ich Freundinnen, während des Studiums habe ich mich in einen Mann verliebt. Für mich ist das nichts Besonderes. Ich habe nur gemerkt, dass es anderen oft schwerer fällt, mich nicht einzuordnen.

Großaufnahme von einem zarten Kuss zwischen einem schwarz-gelocktem Mann und einer braunhaarigen Frau.
Ein Jahr lang stand Pauli als „Romeo“ in „Romeo und Julia“ in Berlin auf der Bühne. © Jordana Schramm

Und trotzdem wirst du als Darsteller permanent bewertet – nicht nur für die Rolle, sondern auch privat. Trifft dich das?

Früher mehr. In Berlin habe ich als Romeo viel darüber nachgedacht, wie ich wirke, was andere über mich denken – Kritiker*innen, Kolleg*innen, Publikum. Und klar: Wenn zehn Leute sagen, du warst super, und eine Person schreibt was Negatives, dann denkt man nur an das eine.

Ich bekomme oft Prinzen-Rollen angeboten, also habe ich schon ein paar Mal den Prinz gespielt, und die Leute denken, ich bin wirklich so. Viele sind überrascht, wenn sie mich dann kennenlernen, dass ich kein reicher, verwöhnter Schnösel bin (lacht).

Manche Leute werden immer was Negatives finden, egal was du tust. Auf der Bühne brauchst du ein relativ dickes Fell, das hab ich lernen müssen. Du bist viel freier, wenn du dir keine Gedanken darüber machst, was andere über dich denken.

Du wirkst offen, nahbar, herzlich. Gleichzeitig sagst du, dass du emotional eher schwer Leute an dich ranlässt.

Ich unterscheide klar zwischen beruflich und privat. Auf Events kann ich charmant sein, Smalltalk führen, Hände schütteln. Ich bin auch gerne unter Leuten, aber mein engster Kreis ist klein. Ich verliebe mich selten – aber wenn, dann richtig. Und mit meinem Partner Fin habe ich jemanden gefunden, mit dem ich auch beruflich unglaublich gut funktioniere.

Paul Csitkovics: Zwei Männer in blauen Anzügen stehen lässig aneinandergelehnt vor und auf einem weißen Tuch
Mit seinem Partner Fin Holzwart produziert Csitkovics nun seine eigenen Stücke. © Marco Sommer

Ihr habt gemeinsam ein Künstler*innenkollektiv gegründet: „Butz & Reineke“. Was steckt dahinter?

Oh, das hat eine schräge Geschichte: Ich hab schwarze Locken, Fin ist so ein Fuchs-Typ – irgendwann haben wir uns Pudel- und Fuchs-Emojis geschickt. „Butz“ war der Name des schwarzen Pudels von Schopenhauer – und im Altgermanischen bedeutet es „kleines, schwarzes Ungeheuer“.

Reineke ist der lyrische Name für den Fuchs. Wir fanden das cool und dachten uns: Das passt. Unser Logo ist jetzt ein Pudel und ein Fuchs. Weird? Vielleicht. Aber auch sehr wir.

Was macht ihr als „Butz & Reineke“ konkret?

Wir schreiben Songs, Theaterstücke, drehen Kurzfilme. Im Oktober spielen wir unser erstes großes Konzert in Oberpullendorf: „gscheit gscheat, gscheit gspüht“. Selbst geschriebene Songs im Dia­lekt, auf Ungarisch, Französisch, sogar Plattdeutsch. Auch mit Ryta Tale, einer Drag-Freundin von uns.

Und im Frühjahr 2026 bringen wir ein eigenes Musical auf die Bühne – basierend auf dem Roman „Einsam war ich nie“ von Lutz van Dijk über die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus. Schon bald beginnen die Proben.

Paul Csitkovics: lachendes Selfie von einem Mann mit Pferdeschwanz und einer Frau mit langen offenen braunen Haaren
Chefredakteurin Nicole Schlaffer besuchte Pauli in seiner Heimat Oberpullendorf. © Selfie

Das klingt sehr intensiv – auch emotional. Wie bereitest du dich auf so ein Thema vor?

Es ist bewegend. Wir haben viel mit dem Autor gesprochen, mit dem Verlag, die Geschichten gelesen – und da war sofort eine Nähe da. Man vergisst oft, dass in all dem Grauen die Menschen davor ein schönes Leben hatten und dass auch Liebe passiert ist. Menschen haben sich sogar im Lager verliebt, haben geträumt, gehofft. Wir wollen genau das zeigen. Das Menschliche. Die Leidenschaft, die Verletzlichkeit. Ohne Pathos, ohne Zeigefinger, sondern mit einem immersiven Theater, wo Bühne und Zuschauerraum verschmelzen.

Im Sommer bist du bei den Seefestspielen Mörbisch als Tony Manero in „Saturday Night Fever“ zu sehen. Warum passt die Rolle zu dir?

Tony ist der Inbegriff von Jugendkonflikt: dazugehören wollen, cool wirken, nach Bestätigung suchen – und dabei nicht wissen, wer man selbst ist. Das kennt jeder. Und: Die Rolle ist hart. Triple Threat – singen, tanzen, schauspielern. Ich liebe Herausforderungen.

Du wirkst sehr reflektiert – und trotzdem hast du als Teenager erlebt, belächelt zu werden. Wie war das für dich?

Als Jugendlicher in meiner Generation war es cool, nichts cool zu finden. Ich war da immer schon anders, sehr begeisterungsfähig und ich hatte viele Interessen. Irgendwann kommt die Erkenntnis, dass es nichts bringt, sich zu verstellen. Die Dinge, die dich anders machen, machen dich ja auch aus. Gemeinsamkeiten sind schön, aber das Leben bunt und lebenswert macht ja das, was uns unterscheidet, der Individualismus.

Was würdest du dir von der Gesellschaft wünschen?

Seids liab zueinander, ­heats einander zua und tuats weniger streiten.

Paul Csitkovics

  • Geboren am 28. Mai 1995 in Oberpullendorf.
  • Begann bereits als Kind mit Tanzen, Singen und Schauspielern in einem örtlichen Verein.
  • Nach der Gymnasium-Matura absolvierte er eine Musical-Ausbildung zum Bühnendarsteller und erhielt zahlreiche Meistertitel bei Showtanz-Meisterschaften.
  • Für seine Darstellung der Doppelrolle Cinderella’s Prince/Wolf in „Into the Woods“ am Vienna’s English Theatre wurde er für den Papageno-Award nominiert.
  • Zahlreiche Engagements in Österreich und Deutschland folgten.
  • 2023 spielte er ein Jahr lang den Romeo in Berlin.
  • 2024 gründete er mit Partner Fin Holzwart das Künstler*innen-­Kollektiv „Butz & Reineke“.
  • Im Sommer 2025 spielt Pauli die männliche Hauptrolle in „Saturday Night Fever“ bei den Seefestspielen Mörbisch.
    www.seefestspiele-moerbisch.at
  • Im Oktober 2025 folgt das erste große Konzert des Kollektivs.
    www.butzreineke.at

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