Veronika Exler Staatsmeisterin Schach

Staatsmeisterin Veronika Exler: „Schach ist wie eine internationale Sprache“

Wie Schach Veronika Exlers Leben bereichert – und wie insbesondere Kids für ihr Leben und ihre Zukunft davon profitieren können.

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Veronika Exler bei einem der seltenen Tauch-Schachturniere © Betriebssportverband

Es ist jedes Mal ein Geschenk, wenn das reale Leben Klischees ad absurdum führt. Wie stellen Sie sich eine Schachspielerin vor? Veronika Exler begegne ich jedenfalls quasi last minute, bevor sie mit dem Rucksack in den Flieger steigt – um gute vier Wochen lang Südamerika und die Antarktis auf eigene Faust zu erkunden. Sie ist mit dem Schachspieler Tobias Mayrhuber glücklich verlobt, im Sommer heiratet das Paar, „Tobias konnte gerade beruflich nicht weg und solche Reisen sind auch mehr meine Leidenschaft“, lacht die 33-Jährige. 

Veronika Exler ist durch und durch Sportlerin

Veronika Exler hat einen Master in Biologie und einen Bachelor in Physik in der Tasche, besonders glücklich macht sie (neben dem Reisen) der Sport: und zwar körperlich und geistig. Das liegt in der Familie. „Wir sind quasi zweigeteilt: Meine Mama und mein Bruder machen Orientierungslauf, mein Papa und ich spielen Schach“, sagt sie. Das Steckenpferd der jeweils anderen Familienhälfte dient sozusagen als Ausgleich. Während ihr Bruder also zum Spaß Schach spielt, lüftet Veronika gerne ihren Kopf beim Orientierungslauf bzw. beim Joggen aus. Tanzen, Schwimmen und mehr gesellen sich hinzu, „man braucht körperlichen Ausgleich, wenn man sich viel geistig anstrengt, sonst funktioniert das ganze System nicht“, erklärt sie. Nach vier bis fünf Stunden am Brett, in denen man immer wieder mit neuen Zügen der Gegner*innen konfrontiert wird und dann auch schnell denken und reagieren muss, sei Bewegung essenziell, „sonst bleibt der ganze Stress im Körper“. 

Veronika Exler Staatsmeisterin Schach
Veronika Exler © Privat

Die Rede ist hier trotzdem von positivem Stress, seit ihrem zehnten Lebensjahr ist die Schachwelt aus vielerlei Gründen Veronika Exlers Zuhause. Sie habe eigentlich erst spät begonnen, sagt sie, mit zehn Jahren brachte ihr der Papa das Spielen bei. „Viel besser ist der Start schon ab fünf“, weiß die Sportlerin, die bereits ein Schachbuch veröffentlichte, dazu später mehr. Trotzdem kann die gebürtige Wienerin schnell aufholen; das Gymnasium wird eigens danach ausgesucht, dass es ein Schach-Freifach anbietet. Der schönste erste Erfolg: Sieg bei der U14 Staatsmeisterschaft der Mädchen.

Wie eine große Familie

Heute spielt Veronika Exler im Nationalteam, seit ihrem elften Lebensjahr beim SC Donau-stadt, seit mehr als zehn Jahren beim SV Wulkaprodersdorf sowie beim FC Bayern München. Die Faszination blieb in voller Intensität. „Ich habe durch Schach so viele Möglichkeiten bekommen zu reisen, ich war bei Bewerben zum Beispiel in Island, in China oder Sibirien, und ich habe so viele tolle Leute kennengelernt. Meine besten Freund*innen sind alle vom Schach. Schach ist wie eine internationale Sprache, wir sind eine große Familie“, beschreibt sie. Am Spiel selbst mag sie das lange Nachdenken, die Suche nach einer coolen Lösung, „die dann am Ende auch sehr hübsch ist, das hat für mich auch eine Ästhetik“.

Bereitet sich Veronika Exler auf ein Turnier vor, trainiert sie drei Stunden am Tag – allein, mit dem Nationaltrainer, analog und online, die Möglichkeiten sind facettenreich. Ein Turnier geht über neun Tage, jeden Tag steht eine Partie am Programm; hinzu kommen noch nahezu jedes Wochenende ein bis zwei Partien bei Vereinsmeisterschaften. Die Saison geht etwa von Oktober bis April.

Schach Nationalteam Frauen beim Mitropacup 2023
Nationalteam Frauen beim Mitropacup 2023 © Privat

Sie entschied sich für einen semi-professionellen Weg (siehe Highlights unten). „Alle in unserem Frauenkader haben parallel einen Job oder machen ein Studium; vom Schach können wir nicht leben.“ Für einige männliche Profis geht es sich aus. Den Unterschied machen gesellschaftliche Strukturen, ist Veronika Exler überzeugt. Aktuell liegt der Frauenanteil international bei durchschnittlich zehn Prozent, Schach gilt quasi noch als Männersport; körperliche Begründungen gibt es dafür nicht, sagt sie. Mädchen- und Frauenbewerbe wurden zusätzlich eingeführt, um mehr weibliche Spielerinnen zu motivieren. „Es ist noch nicht so lang her, dass Frauen überhaupt dabei sind, da haben die Polgar-Schwestern einiges an Vorarbeit geleistet.“

Schachbuch für Kinder

Dass möglichst viele Mädchen Schach für sich entdecken, dafür engagiert sich Veronika Exler auch im Brotberuf. Seit Anfang 2022 arbeitet sie in Teilzeit (und viel im Homeoffice in Österreich) für die Münchener Schachakademie. Sie ist zuständig für das tägliche Schachrätsel in der Süddeutschen Zeitung und für die Fortbildung der Trainer*innen. „Wir schicken sie vor allem in soziale Brennpunkt-Schulen, damit möglichst viele die Chance haben, über Schach für sich einen Weg zu finden“, beschreibt sie. 

Schachstrategien für Schule und Leben: Der Königsplan für Kinder | Stefan Kindermann & Veronika Exler © Privat

Gemeinsam mit Stefan Kindermann veröffentlichte sie das Buch „Schachstrategien für Schule und Leben: Der Königsplan für Kinder“; Band eins erschien bereits auf Deutsch und Englisch, Band zwei ist gerade in Arbeit. „Das Besondere an dem Buch ist, dass wir unseren Königsplan verwenden, eine Erfindung der Münchener Schachakademie, um zu zeigen, wie man Denkstrategien, die man im Schach lernt, für das eigene Leben anwenden kann.“ Schach kann gerade Kinder und Jugendliche enorm stärken, betont Veronika Exler. „Es trainiert Konzentrationsfähigkeit und Durchhaltevermögen – und völlig unabhängig davon, wie die schulischen Leistungen sonst sind, können sich alle Kinder in Schach reinsteigern und Erfolge feiern.“

Veronika Exler: Highlights

  • Frauen-Staatsmeisterin 2013 und 2018
  • Mehrere Teilnahmen bei der Schach-Olympiade und der Europameisterschaft mit dem Österreichischen Nationalteam (Frauen)
  • Mitropacup 2. Platz (2018) und 3. Platz (2014) mit dem Österreichischen Nationalteam (Frauen)
  • Brettpreis/beste Schachspielerin am 3. Brett, Mitropacup 2023

Lust bekommen?

Lust bekommen? Infos und Vereine über den Burgenländischen Schachverband: bchess.at

Demnächst im Burgenland: 12. bis 24. April, Bad Tatzmannsdorf, Österreichische 1. Frauenbundesliga

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Kathi Mezgolits, dreifache Staatsmeisterin im Inline-Speedskating, im Interview.

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